Gemeinsame Erklärung von Marija Pejčinović Burić, Generalsekretärin des Europarates, und Helena Dalli, EU-Kommissarin für Gleichheitspolitik
Viele der 10 bis 12 Millionen Roma in Europa leiden noch immer unter Armut und Ausgrenzung. Der weitverbreitete Antiziganismus verstärkt und verschärft ihre wirtschaftliche und soziale Benachteiligung. Diese Benachteiligungen bestehen weiter, ungeachtet der laufenden Anstrengungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zur Bekämpfung der Vorurteile, Diskriminierung und Straftaten, die sich gegen Roma und Fahrende richten.
Der diesjährige internationale Tag der Roma wird zu einer Zeit begangen, in der sich die Welt dafür einsetzt, die Verbreitung von COVID-19 zu bekämpfen, und die europäischen Länder außerordentliche Maßnahmen verabschiedet haben. Infolgedessen hat sich das alltägliche Leben für viele Menschen in einer Art und Weise verändert, die wir nie für möglich gehalten hätten.
Die Behörden müssen von der gesamten Bevölkerung bei der Bewältigung der Krise unterstützt werden und ihnen obliegt die Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen. Allerdings müssen alle Maßnahmen im Einklang mit dem bestehenden europäischen Menschenrechtsrahmen stehen, einschließlich der Grundsätze der Gleichheit und Nichtdiskriminierung.
„Ich bin beunruhigt“, erklärt Pejčinović Burić, „über Berichte, nach denen einige europäische Länder Maßnahmen verabschiedet haben, die eine weitere Beeinträchtigung der Menschenrechte von Roma zur Folge haben und ihren gleichberechtigten Zugang zur allgemeinen Daseinsvorsorge erschweren könnten, vor allem zu Gesundheitsversorgung, sanitären Einrichtungen und sogar Trinkwasser. Mit Sorge erfahren wir, dass die Bereitstellung von Nahrungsmittelhilfe und die Auszahlung von Sozialleistungen gefährdet sind und dass einige Politiker den Roma die Schuld an der Verbreitung des Virus geben.“
Helena Dalli, EU-Kommissarin für Gleichheitspolitik, erklärt: „Hassrede im Internet und falsche Berichte, die sich gegen Roma richten, nehmen wieder zu. Viele Roma in Europa sind weiterhin mit Antiziganismus, Diskriminierung und sozialer und wirtschaftlicher Ausgrenzung im Alltag konfrontiert – trotz EU- und nationaler Regeln gegen Diskriminierung. Negative Stereotype und Vorurteile sind in unserer Gesellschaft noch immer sehr präsent. Deshalb wird die Kommission eine verbesserte Strategie zur Gleichstellung und Inklusion von Roma in die europäische Gesellschaft präsentieren.
Es müssen jetzt größere Anstrengungen unternommen werden, um zu gewährleisten, dass Roma in die Gesellschaft integriert werden und dass sie gleichen Zugang zur Daseinsvorsorge haben, und somit ihren Schutz vor einer Infektion sicherzustellen. Wir müssen zusammenstehen. Der einzige Weg zur Überwindung der Krise besteht in der Zusammenarbeit. Wenn es etwas Ansteckenderes als einen Virus gibt, dann ist das unsere Solidarität. Die Europäerinnen und Europäer müssen jetzt füreinander eintreten.“
In diesen herausfordernden Zeiten fordern wir besondere Anstrengungen der Mitgliedsstaaten, um zu gewährleisten, dass marginalisierte Gruppen und ethnische Minderheiten, insbesondere Roma, nicht zusätzlich Nachteilen, Diskriminierung, Hassrede oder Hassdelikten ausgesetzt sind.
Wir rufen alle europäischen Länder dazu auf, sich an die Normen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Sozialcharta zu halten, indem sie ihre Unterstützung für marginalisierte Gruppen verstärken und alles daransetzen, um zu verhindern, dass nationale oder ethnische Minderheiten, insbesondere Roma, in der aktuellen Krise zu Sündenböcken werden.
Wir fordern die Regierungen dringend dazu auf, gleichen Zugang zur öffentlichen Daseinsvorsorge sicherzustellen, wozu in Zeiten einer Pandemie auch die Bereitstellung von Nahrung, sauberem Wasser sowie grundlegende Mittel für Hygiene und Gesundheitsschutz zählen.
Der neue Strategische Aktionsplan für die Integration und Inklusion von Roma und Fahrenden (2020–2025) des Europarates und die künftige Roma-Strategie der EU für den Zeitraum nach 2020 verfolgen das Ziel, die Menschenrechte von Roma und Fahrenden in Europa zu fördern und zu schützen, Antiziganismus und Diskriminierung zu bekämpfen und ihre soziale Inklusion zu fördern. Sie bieten einen konzeptuellen Rahmen zum Schutz der Demokratie durch Gleichstellung und sozialen Zusammenhalt in vielfältigen europäischen Gesellschaften.
Der Internationale Tag der Roma (8. April) ist ein Tag, um die Kultur, Geschichte und Sprache der Roma zu feiern und für die Probleme zu sensibilisieren, mit denen Roma noch immer konfrontiert sind. Er wurde beim vierten Roma-Weltkongress im Jahr 1990 offiziell ins Leben gerufen, im Gedenken an das erste große internationale Treffen von Roma-Vertreter/innen von 7. bis 12. April 1971 in Orpington bei London.
Sorgfaltspflicht der lokalen Behörden für die Roma-Gemeinschaft