Die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht („Venedig-Kommission“) und das Büro der OSZE für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) haben nach einem Meinungsaustausch mit dem albanischen Präsidenten, Ilir Meta, und der Parlamentsabgeordneten Klotilda Bushka eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der sie die äußerst überstürzte Verabschiedung von Änderungen an der Verfassung des Landes vom 30. Juli 2020 und am Wahlgesetz vom 5. Oktober 2020 ebenso bedauern wie das Fehlen umfassender Konsultationen, bei denen den politischen Interessenträgern und Nichtregierungsorganisationen ein angemessener Zeitrahmen zur Verfügung steht.
Das Gutachten wurde von Präsident Meta beantragt und beruht auf eingehenden Online-Gesprächen mit zahlreichen politischen Akteuren und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen. Es befasst sich lediglich damit, ob die Änderungen im Einklang mit den internationalen Normen stehen, und sollte darum nicht als umfassende Prüfung des albanischen Rechtsrahmens für Wahlen angesehen werden.
Die Venedig-Kommission und das BDIMR fordern die politischen Kräfte in Albanien – inner- und außerhalb des Parlaments – dazu auf, die normale demokratische Funktionsweise der Institutionen sicherzustellen, und bekräftigen erneut, dass der Verfassungsgerichtshof seine Arbeit wieder aufnehmen muss. Während der Großteil der Empfehlungen nach der für April nächsten Jahres geplanten Parlamentswahl umgesetzt werden sollte, müssen einige dringende Empfehlungen, die keine Gesetzesänderung erfordern, noch davor praktisch angewandt werden. Vor der Wahl sollten die Behörden der Empfehlung der Venedig-Kommission zufolge einen konstruktiven Dialog gewährleisten und alles daransetzen, um das Wahlgesetz umgehend und transparent umzusetzen. Dazu ist es gemäß dem gemeinsamen Gutachten nötig, angemessene Ressourcen für die administrative Abwicklung der Wahl bereitzustellen. Außerdem sollten die Vorsitzenden der Parteien nicht in mehreren Wahlkreisen kandidieren.
Jegliche Änderung am Wahlgesetz sollte erst nach der Parlamentswahl erfolgen, betonen die Rechtssachverständigen, vor allem mit Blick auf den Neuzuschnitt von Wahlkreisen. Die Venedig-Kommission und das BDIMR stehen bereit, um die albanischen Behörden zu unterstützen und insbesondere um die Umsetzung des geänderten Wahlgesetzes zu erleichtern.