Das Fachgremium des Europarates für Verfassungsrecht, die Venedig-Kommission, und das Büro der OSZE für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) haben ein gemeinsames Dringlichkeitsgutachten veröffentlicht, in dem sie sich mit den Änderungen am Wahlgesetz und damit zusammenhängenden Gesetzen in Armenien befassen. Nach Prüfung der Konformität des Verfahrens zur Ausarbeitung der Änderungen und der Änderungen selbst mit den internationalen Normen kommen die Fachleute in dem Gutachten zu dem Schluss, dass das Gesetzespaket weitgehend zu begrüßen ist, da es auf den Großteil der früheren Empfehlungen eingeht. Gleichwohl wird empfohlen, die Gesetzesänderungen weiter zu verbessern.
Das Gutachten wurde am 4. März 2021 vom Präsidenten der armenischen Nationalversammlung beantragt und beruht unter anderem auf mehreren Videokonferenzen mit Vertreterinnen und Vertretern staatlicher Stellen und nichtstaatlicher Organisationen. Am 1. April 2021 verabschiedete die Nationalversammlung mit 82 Jastimmen und keiner Enthaltung oder Gegenstimme ein erstes Paket von Wahlrechtsänderungen, das die Abschaffung der Listen der Territorialkandidatinnen und -kandidaten betrifft. Die Unterzeichnung der Änderungen, um sie in Kraft zu setzen, steht noch aus.
Der Gesetzesvorschlag sieht vor, die Listen der Territorialkandidatinnen und -kandidaten abzuschaffen und ein Verhältniswahlrecht einzuführen, das auf einem landesweiten Wahlkreis beruht; dadurch würden dem Gutachten zufolge die regionalen Ungleichheiten der Wertigkeit der einzelnen Stimmen verringert. Mit Zufriedenheit stellen die Venedig-Kommission und das BDIMR fest, dass diverse politische Kräfte, die Zivilgesellschaft und Fachkreise zu der Reform umfassend konsultiert wurden und sie innerhalb eines angemessenen Zeitraums ausgearbeitet wurde, um die möglichst breite Unterstützung der Gesetzesänderungen sicherzustellen.