In einem heute veröffentlichten Bericht verweist das Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarates (CPT) zwar auf die von den belgischen Behörden unternommenen Anstrengungen zur Verbesserung der Behandlung von inhaftierten Personen und deren Haftbedingungen, zur Gewährleistung einer besseren Betreuung von Personen im Maßregelvollzug und zur Bekämpfung von Polizeigewalt. Doch der Befund des CPT ist unmissverständlich: Es bleibt noch viel zu tun.
In seinem Bericht erinnert das Komitee daran, dass es sich infolge eines Besuchs dazu gezwungen sah, im Juli 2017 eine öffentliche Erklärung abzugeben, um die Behörden und alle Beteiligten nachdrücklich dazu aufzurufen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und rasch eine Lösung zur Einrichtung einer Mindestversorgung im Strafvollzug zu finden, durch die die Achtung der Grundrechte der Häftlinge gewährleistet ist, insbesondere bei Streiks des Gefängnispersonals. Das CPT fordert die belgischen Behörden auf, es in Zukunft regelmäßig über die diesbezüglichen Fortschritte zu unterrichten.
Dem Bericht zufolge schienen die Strafvollzugsbeamten im Allgemeinen darauf bedacht, einen guten Umgang mit den Häftlingen zu pflegen, und in der Lage zu sein, Risikosituationen möglichst rasch zu entschärfen. Andererseits werden auch glaubwürdige Beschuldigungen in Bezug auf vor Kurzem erfolgte körperliche Misshandlungen von männlichen Häftlingen durch bestimmte Strafvollzugsbeamte, einschließlich leitenden Beamten, erwähnt.
Was die Haftbedingungen im Strafvollzug angeht, war generell der Gegensatz zwischen dem kürzlich erbauten Gefängnis von Leuze-en-Hainaut und den anderen besuchten Gefängnissen, in denen die Leitungen und das Personal mit der allgemeinen Überbelegung in größtenteils veralteten Einrichtungen zurechtkommen mussten, auffallend. Das CPT begrüßt im Übrigen die unternommenen Anstrengungen zur Bekämpfung der Überbelegung, weist jedoch darauf hin, dass das Augenmerk nicht zu sehr auf die Erhöhung der Anzahl der Gefängnisplätze gerichtet werden sollte. Der Mangel an organisierten Aktivitäten, der in den besuchten Gefängnissen beobachtet wurde, gibt Grund zur Sorge. Das Komitee erinnert daran, dass diese Situation schwerwiegende Folgen haben kann (Zunahme der Spannungen, von Frust und Gewalt, erhöhtes Radikalisierungsrisiko usw.).
Die Weiterentwicklung der Strafvollzugsanstalten hatte zwar im Allgemeinen deutliche Auswirkungen auf den Umgang mit der Überbelegung und die materiellen Haftbedingungen. Doch trotz des Rückgangs der durchschnittlichen Überbelegungsrate (die zum Zeitpunkt des Besuchs allerdings bei über 16 % lag) bot das Phänomen in bestimmten Einrichtungen weiterhin Anlass zu ernster Besorgnis, insbesondere im Gefängnis von Saint-Gilles (mit einer Überbelegungsrate von mehr als 50 %).
Das CPT begrüßt die Reform des Maßregelvollzugs, die im Endeffekt auf eine bessere Betreuung der betroffenen Personen in Spezialeinrichtungen abzielt. Es unterstreicht in diesem Zusammenhang den unbestreitbaren Fortschritt, den der therapeutische Ansatz und die zur Verfügung gestellten Mittel im Zentrum für forensische Psychiatrie in Gent, der ersten Einrichtung dieser Art in Belgien, darstellen. Gleichwohl waren in den psychiatrischen Haftanstalten allgemein bekannte systemische Probleme festzustellen, etwa gravierender Personalmangel, eine auf medikamentöse Behandlung beschränkte Betreuung und ein nicht zufriedenstellendes Management psychiatrischer Notfälle. Die psychiatrische Abteilung des Gefängnisses Lantin veranschaulichte diese Situation auf besonders besorgniserregende Weise.
Schließlich befasste sich das CPT mit der Behandlung von Personen bei der Verhaftung durch die Polizei. In dem Bericht werden mehrere Beschuldigungen im Hinblick auf übermäßige Gewaltanwendung angeführt, die in der Regel bei der Festnahme oder kurz danach erfolgten. Das Komitee spricht eine Reihe von Empfehlungen aus, in deren Mittelpunkt die Betreuung, die Schulung und die Verbesserung der Verfahrensgarantien gegen Misshandlungen stehen.
Der periodische Besuch in Belgien fand im März und April 2017 statt.
Der Bericht wird auf Antrag der belgischen Behörden veröffentlicht. Im Gegensatz zur Praxis der letzten Jahre war es der Wunsch der belgischen Regierung, dass der Bericht veröffentlicht wird, ohne die Übermittlung ihrer Antwort abzuwarten, die für Sommer 2018 erwartet wird.
Besuchte Orte des Freiheitsentzugs:
Einrichtungen der Sicherheitskräfte
- Hauptkommissariat der örtlichen Polizei von Brügge
- Hauptkommissariat der örtlichen Polizei von Gent
- Hauptkommissariat der örtlichen Polizei von Lüttich
- Hauptkommissariat der örtlichen Polizei von Tournai
- Dienststelle der Bundesbahnpolizei der Bahnstation von Liège-Guillemins
Hafteinrichtungen
- Strafkomplex von Brügge
- Gefängnis von Lantin
- Gefängnis von Leuze-en-Hainaut
- Gefängnis von Saint-Gilles
Spezialeinrichtungen für die Betreuung von Patienten im Maßregelvollzug
- Zentrum für forensische Psychiatrie in Gent
- Einrichtung zum Schutz der Gesellschaft in Paifve
Gerichte
- Zellentrakte des Brüsseler Gerichtsgebäudes
Kontakt: Giuseppe Zaffuto, Sprecher/Pressereferent, Tel.: +33 3 90 21 56 04