In ihrem ersten Bewertungsbericht über Bosnien und Herzegowina (Basisbericht) hebt die Expertengruppe des Europarates für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (GREVIO) die von den Behörden eingeführten, positiven rechtlichen und politischen Maßnahmen hervor, unterstreicht jedoch auch, dass noch Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Anforderungen des Übereinkommens zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) zu erfüllen.
In ihrem Bericht begrüßt die GREVIO Initiativen zur Gewährleistung der Geschlechtergleichstellung, darunter gleichstellungsorientierte Haushaltsplanung in Ministerien (auf der Ebene des Staates und der Entitäten) sowie die Benennung von Ansprechpartnern für Geschlechtergleichstellung. Es werden auch positive Schritte angeführt, darunter die Verabschiedung strafrechtlicher Bestimmungen, durch welche die Straftatbestände der Genitalverstümmelung bei Frauen, Zwangssterilisation, Stalking, sexuelle Belästigung und Zwangsheirat eingeführt werden. Die GREVIO würdigt die Bereitstellung fachlicher Opferhilfe in Verfahren zu häuslicher Gewalt über eine „Vertrauensperson“, welche die Opfer unterstützt und an allen ihren Terminen und Verhandlungen bei öffentlichen Einrichtungen, darunter der Polizei und den Gerichten, teilnimmt.
Allerdings zeigt die GREVIO, deren Feststellungen auf Informationen beruhen, die sie von Behörden, der Zivilgesellschaft und aus anderen Quellen erhalten hat (darunter ein Vor-Ort-Besuch in Bosnien und Herzegowina), Herausforderungen auf, die „dringende Maßnahmen“ erfordern, um den Vertrag einzuhalten.
Die GREVIO fordert die Behörden dringend auf, die Sexualstraftatbestände in den Strafgesetzbüchern (auf der Ebene des Staates, der Entitäten und des Distrikts Brčko) dahingehend zu ändern, dass das Konzept der fehlenden Einwilligung vollständig berücksichtigt wird, wie es die Istanbul-Konvention fordert, und die Arten der nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen zu spezifizieren, die Straftatbestände darstellen, im Einklang mit dem Übereinkommen. Die Behörden sollten auch die notwendigen Maßnahmen verabschieden, die gewährleisten, dass jeglicher Akt sexueller Gewalt zwischen Ehepartnern oder ehemaligen oder aktuellen Partnern als Straftatbestand anerkannt wird und verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für alle sexuellen Handlungen ohne Einwilligung des Opfers, ungeachtet seiner persönlichen Eigenschaften, sicherstellen.
Darüber hinaus ersucht die GREVIO die Behörden dringend zur Einrichtung von Krisenzentren und/oder Notunterkünften für Opfer von Vergewaltigung oder sexueller Gewalt, in denen unmittelbare medizinische Versorgung, Unterstützung zur Traumabewältigung, forensische Untersuchungen und psychologische Unterstützung durch qualifizierte Fachkräfte im Einklang mit den Vertragsnormen bereitgestellt wird. Im Hinblick auf das Sorge- und Umgangsrecht fordert die GREVIO die Behörden auf, „vorrangige Maßnahmen“ zu ergreifen, um die Sicherheit von Opfern und ihren Kindern zu gewährleisten und „den Teufelskreis von Macht und Gewalt“ zu durchbrechen, welche die Täter ausüben.
Schließlich muss Bosnien und Herzegowina, wie im Vertrag gefordert, sicherstellen, dass eine oder mehrere Hotlines auf dem gesamten Gebiet 24 Stunden vollständig kostenlos und unter Einhaltung der Vertraulichkeit und Anonymität erreichbar sind, die den Opfern jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen Unterstützung anbieten. Auf der Grundlage des Berichts wird der Ausschuss der Vertragsstaaten, der sich aus den Vertreterinnen und Vertretern der Vertragsstaaten des Übereinkommens zusammensetzt, im Dezember dieses Jahres seine Empfehlungen an Bosnien und Herzegowina veröffentlichen.