Zurück Bulgarisches Gesetz über Kinderzulagen verletzt Bestimmungen der Europäischen Sozialcharta

Bulgarisches Gesetz über Kinderzulagen verletzt Bestimmungen der Europäischen Sozialcharta

In einer heute veröffentlichten Entscheidung stellt der Europäische Ausschuss für soziale Rechte – ein Organ des Europarates – fest, dass manche Bestimmungen des bulgarischen Gesetzes über Kinderzulagen das Recht der Familie auf angemessenen sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Schutz verletzen und Roma diskriminieren, besonders minderjährige weibliche Angehörige der Roma-Gemeinschaft.

Der Equal Rights Trust (ERT) hatte die Beschwerde gegen Bulgarien 2016 eingebracht und geltend gemacht, dass die Lage in Bulgarien gegen die Europäische Sozialcharta verstoße, da das Gesetz über Kinderzulagen in der Fassung vom 28. Juli 2015 vorsieht, dass:

  • die monatliche Kinderzulage lediglich in Form von Sachleistungen und nicht als Geldleistung bezahlt wird, wenn die Leistungsbezieherin oder der Leistungsbezieher minderjährig ist;
  • die Zahlung der monatlichen Kinderzulage ausgesetzt oder beendet wird, wenn das Kind nicht mehr die Schule besucht, und danach mindestens ein Jahr lang nicht erfolgt, auch wenn das Kind wieder zur Schule geht;
  • die Zahlung der monatlichen Kinderzulage beendet wird, wenn das Kind selbst Mutter oder Vater wird.

Der ERT beklagte zudem, dass diese Bestimmungen ethnisch diskriminierend seien, da die Roma-Gemeinschaft mit viel größerer Wahrscheinlichkeit als andere Bevölkerungsgruppen davon negativ betroffen sind, und dass sie diskriminierend gegenüber Frauen seien.

In seiner am 16. Oktober 2018 verabschiedeten und heute veröffentlichten Sachentscheidung stellt der Europäische Ausschuss für soziale Rechte keine Verletzung der Charta aufgrund der Tatsache fest, dass die Kinderzulage in Form von Sachleistungen und nicht als Geldleistung bezahlt wird, wenn die Leistungsbezieherin oder der Leistungsbezieher unter 18 Jahre alt ist; ebenso wenig stellte er fest, dass diese Bestimmung eine Diskriminierung aufgrund des Alters bedeutet.

Der Ausschuss kommt jedoch zu dem Schluss, dass in der Tat ein Verstoß gegen Artikel 16 der Charta (Recht der Familie auf sozialen, gesetzlichen und wirtschaftlichen Schutz) aufgrund der Tatsache vorliegt, dass die Zahlung der Kinderzulage ausgesetzt bzw. beendet wird, wenn das Kind nicht mehr die Schule besucht, sowie aufgrund der Beendigung der Zahlung der monatlichen Kinderzulage, wenn das Kind selbst Mutter oder Vater wird. Darüber hinaus stellte der Ausschuss einen Verstoß gegen Artikel E (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Artikel 16 im Hinblick auf die Diskriminierung der Roma fest, besonders der minderjährigen weiblichen Angehörigen der Roma-Gemeinschaft.

Die vom ERT eingebrachte Beschwerde Nr. 121/2016 wurde am 25. April 2016 registriert. Der Ausschuss erklärte die Beschwerde am 5. Juli 2016 für zulässig. Die Sachentscheidung wurde am 16. Oktober 2018 verabschiedet und heute – vier Monate nach ihrer Übermittlung an das Ministerkomitee gemäß Artikel 8§2 des Zusatzprotokolls zur Europäischen Sozialcharta über Kollektivbeschwerden – veröffentlicht.

Im Bereich der sozialen und wirtschaftlichen Grundrechte ist die Europäische Sozialcharta das natürliche Gegenstück zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie ist ein völkerrechtlich bindender Vertrag, zu dessen Einhaltung sich die Staaten durch die Ratifizierung verpflichten. Bulgarien zeichnete die revidierte Europäische Sozialcharta 1998 und ratifizierte sie 2000.

Europäischer Ausschuss für soziale Rechte Straßburg 27. März 2019
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