Zurück Psychiatrische und Pflegeeinrichtungen in Bulgarien: Misshandlungen, akuter Personalmangel und Missbrauch mechanischer Fixierungen

Psychiatrische und Pflegeeinrichtungen in Bulgarien: Misshandlungen, akuter Personalmangel und Missbrauch mechanischer Fixierungen

In einem neuen Bericht hat das Antifolterkomitee (CPT) des Europarates große Besorgnis darüber geäußert, dass viele seiner seit Langem bestehenden Empfehlungen in Bezug auf die Behandlung von Psychiatriepatienten und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen und die ihnen gebotenen Bedingungen und Rechtsgarantien noch nicht umgesetzt wurden (siehe die Zusammenfassung des Berichts). Im August 2020 besuchte die CPT-Delegation zum ersten Mal das Staatliche Psychiatrische Krankenhaus St. Iwan Rilski und das Staatliche Psychiatrische Krankenhaus Zarew Brod sowie das Staatliche Psychiatrische Krankenhaus Bjala, welches das CPT 2006 besucht hatte. Die Delegation besuchte außerdem zum ersten Mal Pflegeheime für Personen mit Lernbehinderungen in Kudelin und Samuil und das Pflegeheim für Personen mit psychischen Erkrankungen in Goweschda.

In allen besuchten Krankenhäusern und Pflegeheimen erhielt die Delegation Beschwerden über Misshandlungen von Patienten und Bewohnern durch das Personal – Krankenpfleger („sanitars“) seien gegenüber Patienten und Bewohnern verbal grob gewesen, hätten sie gestoßen oder geohrfeigt, mit der Faust geschlagen, getreten und mit Stöcken geschlagen. Pförtner in den Pflegeheimen in Kudelin und Goweschda trügen Holzstöcke und würden Bewohner gelegentlich damit schlagen (der Beschreibung der Bewohner entsprechende Stöcke wurden von der Delegation in den Mitarbeiterbüros aller drei Einrichtungen gefunden). Im Hinblick auf die Lebensbedingungen stellt das Komitee fest, dass in allen drei psychiatrischen Krankenhäusern, insbesondere in Zarew Brod, einige Renovierungsmaßnahmen durchgeführt wurden und dass sich die materiellen Bedingungen in Bjala seit dem letzten Besuch des CPT im Jahr 2006 verbessert haben. Allerdings gäbe es deutlichen Spielraum für weitere, allgemeine materielle Verbesserungen und Personalisierungen der Schlafsäle. Was die besuchten Pflegeheime betrifft, biete Samuil eine zufriedenstellende Inneneinrichtung und sogar einen eigenen Sanitärbereich in vielen Zimmern, doch die Lebensbedingungen und Sanitäreinrichtungen in Kudelin und Goweschda erforderten erhebliche Verbesserungen.

In allen drei besuchten Krankenhäusern wurde festgestellt, dass die Mitarbeiterzahl in den einzelnen Abteilungen ungeeignet und oftmals äußerst unzureichend war. Auch die Zahl der Angehörigen des multidisziplinären Klinikpersonals reichte keineswegs aus, um dem großen Bedarf der Patientinnen und Patienten an psychosozialer Therapie und Rehabilitation zu entsprechen. „Die Ergebnisse des diesjährigen Besuchs weisen leider darauf hin, dass die bulgarischen Behörden die Bedeutung angemessener Personalzahlen und die Notwendigkeit entschlossener Maßnahmen zur Behebung dieses Mangels weiterhin nicht vollständig verstanden haben“, so das Komitee. „Der anhaltende Personalmangel erweckt den Eindruck, dass das Gesundheitsministerium der psychischen Gesundheitsfürsorge keinen ausreichenden Wert beimisst; Investitionen und Entwicklung in diesem Bereich muss eindeutig eine höhere Priorität eingeräumt werden.“ In Pflegeheimen war die Zahl der Pflegefachpersonen ebenfalls völlig unzureichend. Wohl aufgrund des geringen Gehalts und der Schwierigkeiten, Personal für die Arbeit in den eher abgelegenen Einrichtungen zu finden und zu halten, schien die fachliche Qualität des Personals, besonders der Krankenpfleger, gering zu sein; zusammen mit der unzureichenden Ausbildung und Beaufsichtigung erhöhte dies ohne Zweifel die Gefahr, dass Bewohner misshandelt werden. Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zur Verbesserung des psychosozialen Zustands, zur Beschäftigung und zur Erholung der Bewohner beitragen konnten, war ebenso wenig ausreichend, vor allem in Kudelin und Goweschda.


 Pressemitteilung
Misshandlungen, akuter Personalmangel, Missbrauch mechanischer Fixierungen: neuer Bericht des Antifolterkomitees des Europarates über psychiatrische und Pflegeeinrichtungen in Bulgarien [EN]


 Bulgarien und das CPT [EN]

Antifolterkomitee (CPT) Strassburg 2. Dezember 2020
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