Kinder, die sich für die Menschenrechte einsetzen, wollen, dass die Regierungen beginnen, ihre Meinungen, Ideen und Vorschläge bei der Ausarbeitung von Gesetzen und politischen Maßnahmen zu berücksichtigen. So lautet eine der wichtigsten Erkenntnisse des neuen Berichts „Kinder als Menschenrechtsaktivisten: Studie über die Mitgliedsstaaten des Europarates“, der heute veröffentlicht wurde.
Dies ist die erste Studie über die Probleme und Lösungen auf nationaler Ebene in Bezug auf die Anerkennung, den Schutz und die Stärkung der Selbstbestimmung von Kindern, die als „Kinder-Menschenrechtsaktivisten“ in den Mitgliedsstaaten des Europarates agieren. Sie beruht auf den Antworten auf eine Umfrage, die in 20* der 46 Mitgliedsstaaten des Europarates durchgeführt wurde, sowie auf Befragungen von 85 Kindern aus ganz Europa, ergänzt durch Sekundärforschung.
Kinder, die sich als Menschenrechtsaktivisten betätigen, müssen Zugang zu Mechanismen haben, die sie vor Schaden (Gewalt, Repressalien, Bestrafung, Einschüchterung off- und online) schützen, der aus ihren Aktionen resultieren kann, so die Studie. Viele Kinder begrüßten es zwar, dass ihnen das Schulsystem Hilfe und Ratschläge gegen derartige Einschüchterungen bietet, einige von ihnen würden es allerdings nicht wagen, dort Hilfe zu suchen. Außerdem wüssten die Kinder zwar, dass sie sich an die Polizei wenden oder vor Gericht gehen können, aber sie zögerten, dies zu tun.
Die Studie zeigt, dass in den meisten der befragten Staaten keine spezifische Regelung zu Menschenrechtsaktivisten in Kraft ist, da sie der Ansicht sind, dass ihre Rechtsvorschriften zu Kinderrechten und Kinderschutz auch Kinder-Menschenrechtsaktivisten abdecken. Allerdings enthielten die allgemeinen Kinderrechtsgesetze in der Regel weder den Begriff „Kinder-Menschenrechtsaktivisten“, noch deckten sie das gesamte Spektrum der Rechte ab, die diesen Kindern zustehen, wie etwa das Recht auf Zugang zu Informationen, Vereinigungsfreiheit und Versammlungsfreiheit. Darüber hinaus seien in den meisten Mitgliedsstaaten gesetzliche Bestimmungen gültig, die das Recht der Kinder auf Beteiligung einschränken, insbesondere für jüngere Kinder. Obwohl das Recht auf Partizipation von Kindern in der nationalen Gesetzgebung weithin erwähnt werde, lasse seine Umsetzung nach wie vor sehr zu wünschen übrig und erfolge die Beteiligung von Kindern an politischen und öffentlichen Angelegenheiten und Entscheidungsprozessen nicht systematisch und auf sinnvolle Weise.
Die Kinder, die an der Befragung teilnahmen, sahen die Möglichkeit, sich an der Ausarbeitung von Gesetzen und der Politikgestaltung zu beteiligen, als große Errungenschaft an, erklärten aber gleichzeitig, dass sie von wichtigen Entscheidungen, die „Erwachsenenangelegenheiten“ betreffen, ausgeschlossen oder dass sie aufgrund ihres Alters nicht ernst genommen wurden. In Bezug auf die Unterstützung, die sie von ihren Regierungen erhalten möchten, erwarteten die Kinder in erster Linie, dass die Regierungen ihre Einstellung ihnen gegenüber ändern, ihnen zuhören und ihre Meinung bei Entscheidungen berücksichtigen. Die Kinder wünschten sich eine stärkere Aufklärung über ihre Rechte und mehr Möglichkeiten, in der Schule zu lernen, wie sie ihre Rechte verteidigen können. Eine direkte finanzielle Unterstützung für Kinder, die sich für die Menschenrechte einsetzen, würde ihre Aktivitäten fördern. Die Studie zeigt, dass die meisten Mitgliedsstaaten des Europarates (84 %) von technischer Unterstützung zur Stärkung des rechtlichen Rahmens und zur Systematisierung von Umsetzungsmaßnahmen zur Förderung der Rechte von Kinder-Menschenrechtsaktivisten in ihren Ländern profitieren würden und diese auch begrüßen.
Die Studie enthält eine Reihe von Empfehlungen, die die Mitgliedsstaaten dabei unterstützen sollen, ihren Verpflichtungen gegenüber Kindern, die sich für die Menschenrechte einsetzen, wirksamer nachzukommen. Dazu gehören die Aufnahme dieses Begriffs und Konzepts in die innerstaatliche Gesetzgebung, die Einbeziehung von Kindern in Konsultationen und die Einrichtung landesweiter Plattformen für die Beteiligung von Kindern, die Bereitstellung kindgerechter Informationen und der Schutz von Kindern vor jeglicher Form von Schaden (einschließlich Repressalien aufgrund ihrer Tätigkeit als Menschenrechtsaktivisten) sowie die Gewährleistung, dass alle Einschränkungen der bürgerlichen und politischen Rechte dieser Kinder notwendig, verhältnismäßig und nicht diskriminierend sind. Es sollten gezielte Schulungen für Eltern und Erziehungsberechtigte, Lehrkräfte und andere wichtige Fachleute angeboten und die erforderlichen Mittel zur Förderung der Rechte von Kinder-Menschenrechtsaktivisten bereitgestellt werden.
Die Studie wurde vom Lenkungsausschuss für die Rechte des Kindes (CDENF) auf seiner 8. Plenarsitzung, die von 14. bis 16. November 2023 stattfand, angenommen und ist Teil der Folgemaßnahmen zur Erklärung von Reyjkavík, die am 17. Mai 2023 von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten des Europarates verabschiedet wurde und in der sie sich verpflichten, das Engagement des Europarates für die Schaffung eines günstigen Umfelds für Menschenrechtsaktivisten zu verstärken.
(*) Armenien, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Island, Kroatien, Lettland, Luxemburg, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweiz, Tschechien, Ungarn und Zypern.