Die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Entscheidungsfindung und die Finanzierung von Vereinigungen aus dem Ausland waren die Hauptthemen eines internationalen Runden Tisches, den die Venedig-Kommission und das BDIMR der OSZE im Rahmen des irischen Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarates zum Thema „Zivilgesellschaft: Empowerment und Verantwortlichkeit“ in Straßburg organisiert haben.
Ziel der Veranstaltung war es, das sich wandelnde Umfeld zu analysieren, mit dem Organisationen der Zivilgesellschaft heute konfrontiert sind, und den Rechtsrahmen zu untersuchen, durch den die Staaten die Vereinigungsfreiheit und verwandte Rechte gewährleisten.
In ihrer Eröffnungsrede hob die Generalsekretärin des Europarates, Marija Pejčinović Burić, die Schwierigkeiten hervor, die sich im Zusammenhang mit inklusiven Entscheidungsfindungsprozessen ergeben können. „Oftmals stellt sich die schwierige Frage, wer die Zivilgesellschaft vertritt und wer nicht, und wie man sicherstellt, dass der Dialog nicht von Nichtregierungsorganisationen dominiert wird, die von der Regierung organisiert sind oder in denen der Standpunkt der Zivilgesellschaft im weiteren Sinne unterrepräsentiert ist“, so die Generalsekretärin. Die größten Schwierigkeiten ergeben sich aus Beschränkungen für Nichtregierungsorganisationen, die Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, fügte sie hinzu. Sie kritisierte die Anwendung von Gesetzen über „ausländische Agenten“, deren stigmatisierender Effekt sich als „tragisch wirksam“ erwiesen habe, um „wichtige Stimmen der Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen“. „Nach dem Ausschluss der Russischen Föderation aus unserer Organisation und der Aussetzung der technischen Zusammenarbeit mit Belarus sind wir gleichwohl weiterhin hinsichtlich der Freiheit und des Wohlergehens von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren aus diesen Ländern besorgt“, unterstrich die Generalsekretärin. An der Veranstaltung nahmen Vertreterinnen und Vertreter der belarussischen und russischen Zivilgesellschaft teil.
Der irische Staatsminister für europäische Angelegenheiten, Thomas Byrne, erklärte: „Die Freiheit, sich zu vereinigen, zu versammeln und für ein gemeinsames Ziel zusammenzukommen, zählt zu den wichtigsten Grundfreiheiten. Mehr denn je kommt der Zivilgesellschaft heute eine entscheidende Rolle zu, um dieses Recht zu sichern. Die Bedeutung dieser Konferenz liegt darin, dass sie dazu beiträgt, die Wichtigkeit der Rolle der Zivilgesellschaft zu verstehen. Der irische Vorsitz unterstützt die Anstrengungen der Venedig-Kommission und des BDIMR, sie zu stärken.“
Die Vorsitzende der Venedig-Kommission, Claire Bazy Malaurie, sprach über die Notwendigkeit, dass die Mitgliedsstaaten ihren Gesetzgebungsprozess transparenter, inklusiver und weniger überhastet gestalten, dass sie Entscheidungen durchdachter treffen und dabei auf die Akzeptanz der Öffentlichkeit achten und dass sie darauf abzielen, dass die gesamte Bevölkerung ein Gefühl der Zuständigkeit für den politischen Prozess empfindet. Außerdem müsse man gewährleisten, dass die Konsultation der Zivilgesellschaft zu Fragen von öffentlichem Interesse nicht die repräsentative Demokratie beeinträchtigt, besonders wenn eine öffentliche Entscheidung rasch getroffen werden muss, so wie es jüngst in der Pandemie der Fall war. Bazy Malaurie erwähnte zudem die „Trennlinie“, die zwischen Parteien und Vereinen bestehen sollte.
Der Direktor des BDIMR der OSZE, Matteo Mecacci, hob hervor, dass die Schwierigkeiten und Hindernisse der Ausübung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit in den letzten Jahren zugenommen haben und gravierender geworden sind. „Im Zentrum unseres Mandats stehen weiterhin unsere Arbeit mit der Zivilgesellschaft und unsere zahlreichen Aktivitäten für die Vereinigungsfreiheit.“ Er sprach über die Zusammenarbeit von BDIMR und Venedig-Kommission bei der Überprüfung von Gesetzen, die sich auf die Vereinigungsfreiheit auswirken. Dabei erarbeiten sie gemeinsame Leitlinien für Abgeordnete und die Zivilgesellschaft im weiteren Sinne, die sich damit befassen, wie menschenrechtskonforme Vereinsrechtsbestimmungen entworfen werden können.
Bei der Eröffnungssitzung ergriffen zudem folgende Persönlichkeiten das Wort: Tiny Kox, Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates; Dunja Mijatović, Menschenrechtskommissarin des Europarates; Michael O’Flaherty, Direktor der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte; sowie Clément Nyaletsossi Voule, Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtskommissars zu Versammlungs- und Organisationsfreiheit. Die irische Europaparlamentsabgeordnete Frances Fitzgerald trug ebenfalls zu dieser wichtigen Veranstaltung des irischen Vorsitzes bei.
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