„Das Feuer, das in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch den größten Teil des Registrierungs- und Identifizierungszentrums von Moria sowie der umgebenden informellen Siedlungen auf der griechischen Insel Lesbos zerstört hat, hat die Lebensbedingungen der mehr als 12.000 Asylsuchenden und Migranten, darunter mehr als 4.000 Kinder, die in einem Zentrum festgehalten werden, dessen Aufnahmekapazität bei weniger als 2.800 Menschen liegt, dramatisch verschlechtert“, erklärte heute die Kommissarin.
„Durch das umgehende Eingreifen der lokalen Behörden und der Feuerwehr konnte eine Tragödie verhindert werden. Allerdings ist die Lage weiterhin angespannt, sowohl hinsichtlich der Bewohner des Hotspots als auch der umliegenden örtlichen Bevölkerung.
Ich rufe die griechischen Behörden dazu auf, dringend allen von dem Feuer Betroffenen angemessene Unterkünfte bereitzustellen, und insbesondere sicherzustellen, dass sie Zugang zu Gesundheitsversorgung, sanitären Einrichtungen, psychologischer Unterstützung und Nahrung haben. Mit COVID-19 Infizierten sollte besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden und sie sollten die erforderliche medizinische Unterstützung erhalten.
Wichtig ist außerdem, dass die griechischen Behörden auf allen Ebenen den Schutz von Asylsuchenden und Migranten vor Angriffen gewährleisten und von einer Rhetorik Abstand nehmen, welche die Spannungen erhöhen könnte.
Die Situation auf anderen griechischen Inseln, die Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten beherbergen, unterscheidet sich kaum von jener auf Lesbos und es besteht die Gefahr, dass sich die Lage dort ebenfalls weiter verschärft. Wie ich und viele andere wiederholt erklärt haben, erscheint dies unvermeidlich, wenn die Behörden in Griechenland und anderen Mitgliedsstaaten des Europarates weiterhin die Herangehensweise der letzten Jahre verfolgen. Während der kurzfristige Fokus darauf liegen muss, den humanitären Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden, zeigt der Vorfall in Moria die dringende Notwendigkeit auf, diese Herangehensweise grundlegend zu überdenken, die zu den überfüllten Lagern und der unmenschlichen und völlig unhaltbaren Situation in Moria und anderswo auf den Ägäischen Inseln geführt hat. Asylsuchende und Migranten bis zur Wiederherstellung von Moria auf Schiffen oder in anderen Notunterkünften unterzubringen und dann einfach weiterzumachen wie bisher, kann nicht die Lösung sein.
Eine Reihe großer Probleme, darunter die geballte Unterbringung von Asylsuchenden und Migranten auf den Ägäischen Inseln, die fehlenden Aufnahmekapazitäten sowohl auf den Inseln als auch auf dem Festland und die mangelhafte Integrations- und Asylpolitik, sind von den griechischen Behörden noch nicht gelöst worden. Gleichzeitig ist auch die mangelnde Unterstützung anderer Mitgliedsstaaten für Griechenland in Form von Umverteilung und im weiteren Sinne die mangelnde europäische Solidarität an der katastrophalen Situation schuld, auf die jahrelang von zahlreichen internationalen und nationalen Organen hingewiesen wurde. Dies ist nicht nur ein griechisches Problem. Es ist auch ein europäisches.
Es bleibt keine Zeit mehr. Griechenland benötigt konkrete und substanzielle Schritte von anderen Mitgliedsstaaten des Europarates. Obwohl viele lokale Regierungen in diesen Mitgliedsstaaten ihre Hilfsbereitschaft zum Ausdruck gebracht haben, wurde auf der Ebene der Zentralregierungen zu wenig unternommen. Ich begrüße die Andeutungen einiger Mitgliedsstaaten, ihre Anstrengungen zur Umverteilung erheblich zu erhöhen, doch dies muss dringend erfolgen und nicht nur durch einige wenige Staaten.
Griechenland und seine Partner müssen die Strukturprobleme einer Migrationspolitik beheben, die bereits so viel unnötiges menschliches Leid verursacht hat. Je länger sie damit warten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich weitere Tragödien ereignen.“