In einem Schreiben an den Präsidenten des italienischen Senats, das heute veröffentlicht wurde, fordert der Menschenrechtskommissar, Michael O’Flaherty, die Senatsmitglieder auf, den Gesetzentwurf 1236 über die öffentliche Sicherheit nicht zu verabschieden, sofern nicht wesentliche Änderungen vorgenommen werden, durch die er in Einklang mit den Normen des Europarates im Bereich der Menschenrechte gebracht wird.
Der Kommissar erinnert daran, dass die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind, einer der Eckpfeiler jeder demokratischen Gesellschaft sind. Die Mitgliedsstaaten verfügten zwar über einen gewissen Ermessensspielraum, um vorsätzlich verursachte Störungen bei öffentlichen Versammlungen zu ahnden, doch ihr Ermessensspielraum sei nicht unbegrenzt, wie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unterstrichen wird.
Wenn der Gesetzentwurf 1236 in seiner jetzigen Form verabschiedet würde, würden vage definierte Straftatbestände eingeführt und unter anderem Handlungen wie Störungen des Straßenverkehrs durch Blockaden mit dem eigenen Körper oder Proteste in Form von passivem Widerstand in Gefängnissen und Hafteinrichtungen unter Strafe gestellt. Der Kommissar äußert sich besorgt über die möglichen Folgen des Gesetzentwurfs, da er den Weg für eine willkürliche und unverhältnismäßige Anwendung der vorgesehenen Strafen und Beschränkungen ebnen könnte, was den Menschenrechtsnormen zuwiderlaufen würde.
Schreiben des Menschenrechtskommissars an den Präsidenten des italienischen Senats [EN]
Antwort des Präsidenten des italienischen Senats an den Kommissar [IT]
