Das Ministerkomitee des Europarates hat die russischen Behörden wegen des kürzlichen Todes von Alexej Nawalny auf das Schärfste verurteilt. Bei der Quartalssitzung des Komitees zur Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte forderte es eine internationale Untersuchungskommission zum Tod von Nawalny, die dazu beitragen soll, angesichts des mangelnden Vertrauens in die zuständigen Institutionen in Russland die Unabhängigkeit der Untersuchung zu gewährleisten.
In einer Interimsentschließung(*), die auf der dieswöchigen Sitzung verabschiedet wurde, bei der die neun Fälle der die Russische Föderation betreffenden Fallgruppe Nawalny und Ofizerow auf der Tagesordnung standen, erklärte das Ministerkomitee, dass der Tod von Nawalny die alarmierende Folge eines Musters von Viktimisierung und politischer Verfolgung zu sein scheine, das durch die zahlreichen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte festgestellten Verstöße als Vergeltung für seine regierungsfeindlichen Proteste und investigativen Tätigkeiten aufgedeckt wurde.
Nach der Sitzung des Komitees sendete die Generalsekretärin des Europarates, Marija Pejčinović Burić, ein Schreiben an den Außenminister der Russischen Föderation, in dem sie nachdrücklich an die uneingeschränkte und verbindliche völkerrechtliche Verpflichtung der Russischen Föderation erinnert, alle endgültigen Urteile und Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen, auch wenn sie seit dem 16. September 2022 keine Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention mehr ist. Sie unterstreicht, dass es zutiefst bedauerlich sei, dass die russischen Behörden in Bezug auf die Umsetzung der Urteile des Gerichtshofs jegliche Kommunikation mit dem Europarat eingestellt haben und dass so viele Urteile gegen die Russische Föderation nicht umgesetzt wurden. Die Generalsekretärin fordert die russischen Behörden dringend auf, diese Urteile zu befolgen und alle erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Umsetzung zu ergreifen.
Derzeit werden 2.633 Fälle vom Ministerkomitee überwacht, die von den russischen Behörden noch nicht vollständig umgesetzt wurden. In 1.378 Fällen werden außerdem noch Informationen zur Zahlung einer „gerechten Entschädigung“ erwartet. Am 11. März 2024 belief sich der ausstehende Betrag auf über 2 Milliarden Euro.
Vor der dieswöchigen Sitzung hielt das Ministerkomitee ein informelles Gespräch mit Vertretern russischer Menschenrechts-Nichtregierungsorganisationen über Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung ausstehender Urteile ab. Es war der dritte Austausch dieser Art, seit die Russische Föderation im März 2022 aus dem Europarat ausgeschlossen wurde.
(*) Eine Interimsentschließung ist eine Entscheidung, die vom Ministerkomitee mit dem Ziel verabschiedet wird, komplexere Situationen zu bewältigen, die eine besondere Aufmerksamkeit erfordern.
Pressemitteilung
Ministerkomitee verurteilt Russland für Alexej Nawalnys Tod, fordert unabhängige internationale Untersuchung [EN]
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Umsetzung von EGMR-Urteilen: Jüngste Entscheidungen des Ministerkomitees des Europarates [EN/FR]