Die Expertengruppe des Europarates für die Bekämpfung des Menschenhandels (GRETA) bewertet in einem neuen Bericht die Entwicklungen seit der Veröffentlichung ihres zweiten Evaluierungsberichts über Aserbaidschan im November 2018 im Hinblick auf die Umsetzung der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels.
Laut dem Bericht wurden in einigen Bereichen Fortschritte erzielt, etwa bei der Weiterentwicklung des rechtlichen, institutionellen und strategischen Rahmens zur Bekämpfung von Menschenhandel sowie der Sensibilisierung und Schulung relevanter Fachpersonen. Außerdem hat Aserbaidschan die personellen und finanziellen Ressourcen des Zentrums für die Betreuung von Menschenhandelsopfern erhöht. Die GRETA begrüßt zudem, dass die Zahl der Verurteilungen in Menschenhandelsfällen gestiegen ist.
Gleichzeitig besteht dem Bericht zufolge auf mehreren Gebieten Verbesserungsbedarf. Die GRETA ruft die aserbaidschanischen Behörden zu Maßnahmen auf, um den Zugang der Opfer zu Prozesskostenhilfe und bestehenden Entschädigungsmechanismen zu verbessern, und unterstreicht in dem Bericht, dass weitere Maßnahmen nötig sind, um den wirksamen Zugang von Menschenhandelsopfern zum Arbeitsmarkt und ihre sozioökonomische Inklusion zu fördern.
Mit Sorge stellt die GRETA die mangelnden Anstrengungen im Hinblick auf die proaktive Identifizierung von Opfern in Aserbaidschan fest, besonders unter Migrierenden mit irregulärem Status und Asylsuchenden, und fordert die Behörden des Landes auf, ihre diesbezüglichen Anstrengungen zu verstärken.
Aserbaidschan ist vorwiegend ein Ursprungsland von Menschenhandelsopfern, in gewisser Hinsicht aber auch ein Zielland. Den Statistiken der Behörden zufolge betrug die Zahl der von 2018 bis 2022 identifizierten Opfer 472, das bedeutet eine Zunahme im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum. 94 % der identifizierten Opfer waren Frauen, die Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung wurden. Lediglich neun Kinder wurden als Menschenhandelsopfer identifiziert. Die große Mehrheit der Opfer waren Staatsbürgerinnen und -bürger Aserbaidschans, die im Ausland ausgebeutet wurden, vor allem in Nachbarländern (Türkei, Russische Föderation, Iran).