Die Staatengruppe des Europarates gegen Korruption (GRECO) hebt in einem heute veröffentlichten Bericht die Besonderheiten der Schweizer Institutionen hervor sowie das große öffentliche Vertrauen, das diese genießen. Sie unterstreicht jedoch, dass es aufgrund der Organisation des Systems möglich ist, subtilen Druck auf die politischen und gerichtlichen Akteure auszuüben (siehe auch französische, italienische und englische Version des Berichts).
Die GRECO erachtet es insbesondere für nötig, das Bewusstsein der Parlamentarier („Ratsmitglieder“) für Ethikangelegenheiten und Interessenkonflikte zu schärfen. Deshalb empfiehlt sie, einen Verhaltenskodex zu erlassen, Interessenkonflikte im Rahmen parlamentarischer Verfahren zu veröffentlichen und den Mechanismus zur Offenlegung von Interessenbindungen auszubauen. Gleichzeitig muss auch verstärkt kontrolliert werden, ob die Ratsmitglieder ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen.
In der Schweiz werden die Mitglieder der eidgenössischen Gerichte durch die Bundesversammlung gewählt. Zwar erkennt die GRECO die Rechtmäßigkeit dieses Prinzips an, gleichwohl fordert sie Verbesserungen, um die Qualität und Objektivität der Rekrutierung der Richter sicherzustellen. Außerdem unterstreicht die GRECO, dass nach der Wahl zum Richter die Verbindungen zu den politischen Kräften gekappt werden müssen – deshalb ist die Praxis aufzuheben, dass die eidgenössischen Richter einen Teil ihres Gehalts an ihre Partei überweisen. Darüber hinaus ist es erforderlich, die Standesregeln für die Mitglieder der eidgenössischen Gerichte weiterzuentwickeln und ein transparentes Disziplinarsystem für sie einzuführen.
Die Bundesanwaltschaft, die große Unabhängigkeit genießt, muss ebenfalls einen Verhaltenskodex für ihre Mitglieder ausarbeiten und die Transparenz im Disziplinarwesen erhöhen.
Die GRECO wird die Umsetzung der zwölf Empfehlungen an die Schweiz in der zweiten Hälfte des Jahres 2018 durch ein Konformitätsverfahren prüfen.