Das Ministerkomitee ist wegen der abschreckenden Wirkung, die missbräuchliche Klagen auf die Meinungsäußerungsfreiheit und die Beteiligung der Öffentlichkeit haben, alarmiert und hat eine Empfehlung an seine 46 Mitgliedsstaaten veröffentlicht, die darauf abzielt, dem Einsatz strategischer Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPPs) entgegenzuwirken, die häufig gegen Journalistinnen und Journalisten und die Medien sowie andere kritische Beobachter des öffentlichen Lebens zur Anwendung kommen. Es ruft die Mitgliedsstaaten dazu auf, umfassende und wirksame Strategien zur Bekämpfung von SLAPPs zu entwickeln, die als Klagen definiert sind, die angedroht, eingeleitet oder verfolgt werden, um die Zielperson zu schikanieren oder einzuschüchtern und die freie Meinungsäußerung zu Angelegenheiten von öffentlichem Interesse sowie die Ausübung der mit der öffentlichen Beteiligung verbundenen Rechte zu verhindern, zu behindern, einzuschränken oder zu bestrafen.
In der Empfehlung werden die Begriffe „Beteiligung der Öffentlichkeit“ und „öffentliches Interesse“ weit gefasst und auf das demokratische Recht jeder Person ausgedehnt, sich online und offline an öffentlichen Debatten und öffentlichen Angelegenheiten zu beteiligen. Daher ist der Begriff nicht auf Journalistinnen und Journalisten und andere Medienakteure beschränkt, sondern umfasst alle kritischen Beobachter des öffentlichen Lebens und alle Personen, die zur öffentlichen Debatte beitragen, einschließlich zivilgesellschaftlicher Organisationen und Aktivistinnen und Aktivisten, Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern und Personen aus der Wissenschaft. Die Empfehlung enthält eine Reihe von Leitlinien, die sowohl für Zivilklagen als auch für Fälle, die unter das Verwaltungs- oder Strafrecht fallen, und für juristische Einschüchterungstaktiken gelten. Sie deckt alle Phasen der gerichtlichen Schritte ab, einschließlich einer anfänglichen Androhung einer Klage, die eine abschreckende Wirkung auf die Meinungsäußerungsfreiheit und die Beteiligung der Öffentlichkeit haben kann.
Darüber hinaus berücksichtigt die Empfehlung alle Kategorien von SLAPPs, darunter innerstaatliche und grenzüberschreitende Klagen, Mehrfachklagen und koordinierte Klagen sowie Klagen gegen anonyme öffentliche Beteiligungen. Um die Identifizierung von SLAPPs zu erleichtern, beinhaltet die Empfehlung eine nicht erschöpfende Liste von 10 Indikatoren, wie etwa die Ausnutzung eines Machtungleichgewichts, die teilweise oder vollständige Unbegründetheit der Argumente des Klägers, die Forderung unverhältnismäßiger, übermäßiger oder unzumutbarer Abhilfemaßnahmen und die Anwendung von Verzögerungstaktiken. Die Empfehlung ermutigt die Staaten, ihre bestehenden legislativen und politischen Rahmen zur Bekämpfung von SLAPPs weiter zu stärken, besonders im Hinblick auf strukturelle und verfahrensrechtliche Garantien – einschließlich der Möglichkeit, SLAPPs frühzeitig abzuweisen –, Rechtsmittel, Transparenz, Unterstützung für Zielpersonen und Opfer und die Entwicklung von Bildungs-, Schulungs- und Sensibilisierungsprogrammen.
Die Empfehlung wurde bei einer Sitzung verabschiedet, die im Rahmen des liechtensteinischen Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarates am 5. April in Vaduz stattfand.