Die isländische Außenministerin und Vorsitzende des Ministerkomitees des Europarates, Thórdís Kolbrún Reykfjörd Gylfadóttir, und der Außenminister der Ukraine, Dmytro Kuleba, haben anlässlich des Besuchs der Vorsitzenden des Ministerkomitees in Kyiv, Borodjanka und Butscha die folgende gemeinsame Erklärung abgegeben:
„Eine internationale rechtliche Antwort auf Russlands grundlose, widerrechtliche und ungerechtfertigte militärische Aggression gegen die Ukraine ist entscheidend. Rechenschaft muss dringend gewährleistet werden.
Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das Verbrechen der Aggression, konfliktbezogene sexuelle Gewalt und andere eklatante Verstöße gegen Menschenrechtsnormen und das humanitäre Völkerrecht gefährden das gesamte Gefüge von Gesellschaften.
Indem die Urheber von Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden, widerfährt den Opfern und ihren Angehörigen Gerechtigkeit. Straflosigkeit ermutigt die Täter, bringt die Opfer zum Schweigen und untergräbt die Aussichten auf Frieden und Achtung der Menschenrechte. Durch Straflosigkeit an einem bestimmten Ort wird überallhin ein falsches Signal gesendet.
Die von der Ukraine unternommenen Anstrengungen, um Russland trotz der schwierigen Umstände zur Verantwortung zu ziehen, sollten als Inspiration dienen. Wir würdigen und unterstützen die mutige Arbeit der ukrainischen Staatsanwaltschaft und Strafverfolgungsbehörden zur Dokumentation und Untersuchung internationaler Verbrechen in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft. Wir begrüßen auch die Anstrengungen zur Verfolgung aller mutmaßlichen Verbrecher auf dem Hoheitsgebiet der Ukraine.
Schließlich muss durch die Einrichtung eines diesbezüglichen Sondertribunals die Rechenschaft für das Verbrechen der Aggression gewährleistet werden. Die Ukraine und Island werden weiterhin zusammenarbeiten, bilateral und innerhalb der Core Group, um ein Sondertribunal einzusetzen.
Die Einrichtung des Internationalen Zentrums für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine (ICPA) in Den Haag mit dem Ziel, die Untersuchung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine zu koordinieren, Beweise für künftige Gerichtsverfahren zu sichern und zu erhalten, stellt einen wichtigen Schritt zur Gewährleistung von Rechenschaft für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine dar, da es mit dem bestehenden Gemeinsamen Ermittlungsteam, das von Eurojust unterstützt wird, verbunden ist. Die Ukraine und Island unterstützen die Einrichtung des Zentrums und seine Tätigkeiten.
Russland ist verpflichtet, eine vollständige Wiedergutmachung der Schäden, Verluste und Verletzungen infolge seiner widerrechtlichen Handlungen zu gewährleisten. Die Rechte der Opfer sollten durch einen umfassenden Reparationsmechanismus garantiert werden. Dieser sollte die Einrichtung eines internationalen Registers beinhalten, das die Erfassung und Dokumentation von Nachweisen und Schadenersatzansprüchen im Hinblick auf die erlittenen Schäden, Verluste und Verletzungen ermöglicht, sowie eine für Schadenersatzforderungen zuständige Kommission und einen Fonds.
Als ersten Schritt zur Gewährleistung umfassender Reparationen könnte ein internationales Register unter der Schirmherrschaft des Europarates eingerichtet werden. Wir begrüßen die Maßnahmen, die zur Ausarbeitung der Modalitäten eines derartigen Registers bereits ergriffen wurden.
Beim 4. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs des Europarates, der vom 16.–17. Mai 2023 in Reykjavík stattfindet, stehen die Unterstützung für die Ukraine und die Rechenschaftspflicht an oberster Stelle auf der Tagesordnung.
Wir arbeiten weiterhin zusammen, damit den Opfern Gerechtigkeit widerfährt und die Rechenschaftspflicht für Russlands Aggression gegen die Ukraine sichergestellt wird. Unsere Botschaft an Russland lautet wie folgt: Die Welt beobachtet Sie und Sie werden zur Rechenschaft gezogen werden.“