Die Generalsekretärin des 47 Staaten umfassenden Europarates, Marija Pejčinović Burić, hat in ihrem jüngsten Jahresbericht zur Lage der Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit auf dem Kontinent ein „deutliches und beunruhigendes Ausmaß an demokratischem Rückschritt“ aufgezeigt.
„In vielen Fällen waren die Probleme, die wir sehen, bereits vor der Coronaviruspandemie vorhanden, doch es besteht kein Zweifel, dass legitime Maßnahmen, die von innerstaatlichen Behörden als Reaktion auf Covid-19 ergriffen wurden, die Situation verschärft haben. Es besteht die Gefahr, dass sich unsere demokratische Kultur davon nicht vollständig erholen wird“, erklärte die Generalsekretärin.
„Unsere Mitgliedsstaaten stehen nun vor einer Wahl: Sie können diesen demokratischen Rückschritt weiterhin zulassen oder erleichtern, oder sie können zusammenarbeiten, um die Entwicklung umzukehren, die europäische Demokratie zu stärken und zu erneuern und ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gedeihen.
Dies ist die richtige Alternative für die 830 Millionen Menschen, die im Europaratsraum leben.“
Auf der Grundlage der Feststellungen der verschiedenen Europaratsorgane, darunter dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, bewertet die Generalsekretärin in dem Bericht die jüngsten Entwicklungen in Bereichen wie politische Institutionen und Unabhängigkeit der Justiz, Meinungsäußerungs- und Vereinigungsfreiheit, Menschenwürde, Bekämpfung von Diskriminierung und demokratische Teilhabe.
Der Bericht ermutigt die Mitgliedsstaaten, bestehende und künftige Mechanismen des Europarates zu nutzen, um auf der Grundlage folgender Grundprinzipien viele der festgestellten Probleme zu bewältigen.
- Die innerstaatlichen Behörden sollten zu den wesentlichen demokratischen Prinzipien zurückkehren und sich erneut zur Einhaltung der Rechtsnormen des Europarates verpflichten, etwa zur Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.
- Die Mitgliedsstaaten sollten sich uneingeschränkt zum Multilateralismus bekennen, den der Europarat seit mehr als 70 Jahren verkörpert.
- Coronavirusbedingte Einschränkungen und Maßnahmen müssen nicht nur notwendig und verhältnismäßig, sondern auch zeitlich begrenzt sein.
- Die innerstaatlichen Behörden sollten sich erneut zur demokratischen Kultur bekennen und erkennen, in welchen Fällen ihre Erklärungen, Handlungen oder Gesetze diese Kultur durch die Einschränkung des bürgerlichen Raums beeinträchtigt haben, indem sie Einzelpersonen, Organisationen und Nichtregierungsorganisationen eingeschüchtert oder daran gehindert haben, ihr Recht auf freie Meinungsäußerung oder Versammlungsfreiheit auszuüben, oder Menschen von der uneingeschränkten Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen haben.
Pressemitteilung
Jahresbericht der Generalsekretärin für 2021: Die Demokratie ist in Bedrängnis [EN]