Der Beratende Ausschuss des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten äußert sich in einer neuen Stellungnahme besorgt über die Politik Lettlands, die darauf abzielt, den Gebrauch und das Erlernen von Minderheitensprachen zu verringern, und richtet eine Reihe dringender Empfehlungen an die lettischen Behörden.
Der Beratende Ausschuss erkennt zwar die legitime Sorge Lettlands um seine Sicherheit an, seit die Russische Föderation in die Ukraine einmarschiert ist, nimmt aber gleichzeitig die dadurch verursachten übermäßigen Einschränkungen der Rechte der russischen nationalen Minderheit zur Kenntnis. Sollten alle Maßnahmen wie geplant umgesetzt werden, würde das lettische Minderheitenbildungssystem die Bestimmungen des Rahmenübereinkommens über den gleichberechtigten Zugang zur Bildung, das Recht, private Minderheitenbildungseinrichtungen zu gründen und zu betreiben, und das Recht, eine Minderheitensprache zu erlernen oder in dieser Sprache unterrichtet zu werden, nicht mehr erfüllen, wird in der Stellungnahme gewarnt.
Folglich fordert der Ausschuss die Behörden nachdrücklich auf, ihren Integrationsansatz über die bloße Förderung der lettischen Sprache hinaus auszuweiten und dem interkulturellen Dialog und den Minderheitenrechten mehr Aufmerksamkeit zu schenken, um das Gefühl der Zugehörigkeit zur lettischen Gesellschaft bei der gesamten Bevölkerung, einschließlich der Angehörigen nationaler Minderheiten, zu stärken und gleichzeitig den Ausdruck und die Förderung von Minderheitsidentitäten zuzulassen.
Außerdem ruft der Ausschuss die Behörden nachdrücklich auf, Roma-Kindern den gleichberechtigten Zugang zu integrativer und hochwertiger Bildung innerhalb des allgemeinen Schulsystems zu gewährleisten, indem sie damit beginnen, jährlich – auch unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten – zu überwachen, in welchem Umfang Roma-Kinder in die Vorschul- und Schulbildungseinrichtungen eingeschrieben sind und am Unterricht teilnehmen. Darüber hinaus muss eine ausreichende Zahl qualifizierter und angemessen bezahlter Roma-Mediatoren und -Erziehungsassistenten bereitgestellt werden, und es muss sichergestellt sein, dass Roma-Kinder ordnungsgemäß unterstützt werden.
Auch die Entscheidung, den Unterricht vollständig auf Lettisch umzustellen, sollte angesichts ihrer möglichen negativen Auswirkungen auf den gleichberechtigten Zugang zu hochwertiger Bildung für Kinder, die nationalen Minderheiten angehören, revidiert werden. Die Auswirkungen etwaiger Maßnahmen auf die Bildungsergebnisse von Kindern sollten überwacht werden, wobei besonderes Augenmerk auf die Vorschul- und Primarstufe sowie auf Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu richten ist.
Der Beratende Ausschuss fordert die Behörden daher nachdrücklich auf, in enger Absprache mit der Vertretung der betroffenen nationalen Minderheiten die Entscheidung, das Modell des zweisprachigen Unterrichts zu beenden, zu überdenken. Die Stellungnahme wurde zusammen mit den Kommentaren der lettischen Behörden veröffentlicht.
Pressemitteilung
Sachverständige besorgt über Verringerung des Gebrauchs und des Erlernens von Minderheitensprachen in Lettland [EN]
Lettland und das Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten [EN]