Vertreterinnen und Vertreter der nationalen Minderheiten in Deutschland sind besorgt über das mangelnde Wissen der Mehrheitsbevölkerung über ihre Geschichte, Kultur und ihren Beitrag zur deutschen Gesellschaft. Diese Sorge wird in einer heute veröffentlichten Stellungnahme eines Expertenausschusses des Europarates über die Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten (FCNM) in Deutschland hervorgehoben. In der Stellungnahme stellt der Ausschuss bestimmte Fortschritte im Bildungsbereich fest, aber auch weiterhin bestehende Lücken (siehe auch die Zusammenfassung der Ergebnisse auf Deutsch).
Beispielsweise äußern sich die Vertreterinnen und Vertreter der dänischen Minderheit „insgesamt zufrieden“ mit dem Wissen über ihre Minderheit in Schleswig-Holstein. Es sei zu begrüßen, dass in einigen deutschen Schulen des Bundeslandes Dänisch als Fremd- und Nachbarsprache unterrichtet wird, die Bevölkerung anderer deutscher Länder wisse jedoch „sehr wenig“ über diese Minderheit.
Die Vertreterinnen und Vertreter der Friesen sind der Ansicht, dass die Kinder des Kreises Nordfriesland zu wenig über die Kultur, die Geschichte und die friesische Sprache lernen. Informationen über die Friesen werden im Sachkundeunterricht in den Grundschulen in Schleswig-Holstein nur in sehr begrenztem Maß zur Verfügung gestellt und das Thema wird in der Sekundarschule nicht behandelt, „während es für junge Menschen im Zusammenhang mit der Definition ihrer Identität interessant wäre“, so die Stellungnahme. Darüber hinaus besteht beim Unterricht des Nord- und Saterfriesischen und des Sorbischen ein „gravierender Mangel“ an Lehrkräften.
Laut der Stellungnahme sind die Inhalte der Lehrpläne für die Bildung nationaler Minderheiten in den 16 deutschen Bundesländern „sehr unterschiedlich“. Der Beratende Ausschuss stellt zum Beispiel fest, dass eine Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz der Länder, die versucht, die Wissensvermittlung über Sinti und Roma zu koordinieren, nur „geringe Fortschritte“ erzielt hat.
Als Sofortmaßnahme empfiehlt der Beratende Ausschuss den Behörden, sicherzustellen, dass Schülerinnen und Schüler in ganz Deutschland die Geschichte und den Beitrag von Friesen, Dänen, Sinti und Roma sowie Sorben zur deutschen Gesellschaft kennenlernen. Ein derartiger Unterricht würde ein „Verständnis für die Kontinuität und den Nutzen von Diversität schaffen“.