Regierungen und Personen, die öffentliche Funktionen ausüben, sollten eine Vorbildrolle übernehmen, indem sie die Antikorruptionsmaßnahmen und Transparenznormen achten, so die Staatengruppe des Europarates gegen Korruption (GRECO) in ihrem Jahresbericht.
Die GRECO analysiert in dem Bericht die Maßnahmen, die 2019 in den Mitgliedsstaaten zur Verhütung von Korruption unter Abgeordneten, Richter/inne/n und Staatsanwält/inn/en sowie auf Zentralregierungsebene – insbesondere unter Personen, die oberste Exekutivfunktionen bekleiden – und in Strafverfolgungsbehörden getroffen wurden. Die Generalsekretärin des Europarates, Marija Pejčinović Burić, erklärte: „Korruption untergräbt das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie und die demokratischen Institutionen. Die Umsetzung wirksamer Antikorruptionsmaßnahmen und die Förderung von Integrität und Transparenz sollten darum für die Behörden stets vorrangig sein. Die Staaten haben Fortschritte erzielt, sie sollten allerdings ihre Anstrengungen verstärken, um die Empfehlungen der GRECO vollständig umzusetzen.“
Der Präsident der GRECO, Marin Mrčela, äußerte sich besorgt darüber, dass in zahlreichen Ländern in den letzten Jahre Korruptionsvorwürfe gegen Verantwortliche öffentlicher Einrichtungen weitverbreitet waren. „Kein Mensch, kein Staat und keine Institution ist gegen Korruption immun. Ungeachtet ihrer politischen Zugehörigkeit müssen die Politikerinnen und Politiker mit gutem Beispiel vorangehen und die Vorbildfunktion erfüllen, die von ihnen erwartet wird. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen zu dienen, und nicht, über sie zu herrschen“, so Mrčela.
Im Jahr 2019 war eine leicht verbesserte Konformität mit den Empfehlungen zu verzeichnen, welche die GRECO im Rahmen der 4. Evaluierungsrunde aussprach: Bis Jahresende wurden 36 % der Empfehlungen vollständig umgesetzt. Die Empfehlungen mit dem niedrigsten Konformitätsniveau waren weiterhin jene in Bezug auf Abgeordnete (27 %), wohingegen der Umsetzungsgrad bei Richter/inne/n (37 %) und Staatsanwält/inn/en (46 %) höher lag. „Dies erklärt zu einem großen Teil, warum das Vertrauen der Menschen in die Politik sehr gering ist und sich weiter verschlechtern wird, wenn Politiker/inn/en die Einhaltung der Integritätsnormen nicht verbessern“, sagte der Präsident der GRECO.
Laut dem Bericht hat seit Beginn der 4. Evaluierungsrunde im Jahr 2012 rund die Hälfte der GRECO-Mitgliedsstaaten infolge der Empfehlungen der Staatengruppe ihre Verfassung reformiert. Die Mitgliedsstaaten setzten über 150 konkrete Reformen von Gesetzen, sonstigen Vorschriften und Institutionen um, um den Empfehlungen der GRECO zu entsprechen. Die GRECO erzielte weiteren Fortschritt bei der Bewertung der Korruptionsprävention auf Regierungsebene und in Strafverfolgungsbehörden: Bis Ende 2019 wurden 18 Länder evaluiert. Häufig stellte die GRECO Mängel beim Umgang der Länder mit Lobbying, Interessenkonflikten und „Drehtürpraktiken“ (das heißt dem direkten Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft) auf Zentralregierungsebene fest. Dazu gehört auch die Anforderung, die Antikorruptionsmaßnahmen auf Beraterinnen und Berater auszuweiten. Die Empfehlungen der GRECO für Strafverfolgungsbehörden befassten sich vor allem mit Verhaltenskodizes, Beförderung und Entlassung, Interessenkonflikten, Beschränkungen nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und dem Schutz von „Whistleblowern“.
Ende 2019 waren 15 Länder Gegenstand eines Nichtkonformitätsverfahrens der 4. Runde: Armenien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Luxemburg, Monaco, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, die Tschechische Republik, die Türkei und Ungarn. Gegen Weißrussland lief als einziges Land ein Nichtkonformitätsverfahren der gemeinsamen 1. und 2. sowie der 3. Evaluierungsrunde. Im Jahr 2019 – in diesem Jahr beging die GRECO auch den 20. Jahrestag ihrer Gründung – beschloss die Staatengruppe, eine neue Beratungsfunktion aufzunehmen, die es ihr ermöglicht, Mitgliedsstaaten und Organe des Europarates auf Anfrage durch Fachgutachten zu unterstützen. Der Bericht enthält zudem einen Artikel über die Europäische Staatsanwaltschaft, den die EU-Generalstaatsanwältin, Laura Kövesi, verfasst hat.