Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) hat zwei Berichte zur Umsetzung ihrer Empfehlungen durch die Türkei veröffentlicht, und zwar zur Korruptionsprävention unter Abgeordneten, Richter/innen und Staatsanwält/inn/en (4. Bewertungsrunde der GRECO) und zur Strafbarkeit und der Transparenz der Parteienfinanzierung (3. Bewertungsrunde).
Im ersten Bericht fordert die GRECO die türkischen Behörden nachdrücklich auf, die Verabschiedung angemessener Integritätsnormen für Abgeordnete zu gewährleisten, insbesondere im Hinblick auf Interessenkonflikte (Geschenke und andere Vorteile, Nebentätigkeiten, Situation nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, Kontakte mit Lobbyist/inn/en). Darüber hinaus unterstreicht die GRECO, dass die Transparenz des Gesetzgebungsprozesses erhöht werden muss.
In Bezug auf die Justiz nimmt die GRECO die Verabschiedung der Erklärung zur richterlichen Ethik zur Kenntnis. Allerdings enthält dieses Dokument lediglich allgemeine Grundsätze – die durch praktische Leitlinien ergänzt werden müssen – und die Begriffe Interessenkonflikte, Geschenke und Kontakte mit Dritten müssen maßgeblich weiterentwickelt werden. Die wesentlichen Gründe für die Empfehlungen der GRECO sind weiterhin die grundlegenden strukturellen Veränderungen, welche die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei erheblich geschwächt haben.
Die Tatsache, dass sich der Rat der Richter/innen und Staatsanwält/innen (CJP) aus Mitgliedern zusammensetzt, die vom Präsidenten der Republik und dem Parlament ernannt werden, und dass keines von den Richter/innen und Staatsanwält/inn/en selbst gewählt wird, läuft den europäischen Normen zuwider. Überdies stellt die GRECO fest, dass die Exekutive weiterhin einen starken Einfluss auf das Auswahl- und Einstellungsverfahren von angehenden Richter/inn/en und Staatsanwält/inn/en, die Versetzung richterlicher Amtsinhaber/innen gegen ihren Willen, Disziplinarverfahren und die Schulung von Richter/inn/en und Staatsanwält/inn/en hat. Dies erfordert grundlegende Reformen in der Türkei, um den europäischen Normen gerecht zu werden.
Die türkischen Behörden sind verpflichtet, bis zum 30. November 2021 über die Fortschritte in Bezug auf Justiz und Abgeordnete Bericht zu erstatten.
Im zweiten Bericht stellt die GRECO fest, dass noch erhebliche Fortschritte im Hinblick auf die Transparenz der Parteienfinanzierung in der Türkei erzielt werden müssen.
Die GRECO bedauert, dass in den letzten zehn Jahren lediglich eine Empfehlung von neun vollständig umgesetzt wurde, und fordert daher neue gesetzliche Initiativen. Zwei Empfehlungen zur Strafbarkeit müssen noch vollständig umgesetzt werden. Obgleich dieses spezifische Konformitätsverfahren beendet ist, sind die türkischen Behörden angehalten, die GRECO über künftige Entwicklungen zu informieren.