„Zahlreiche Opfer des Kriegs, der von 1998 bis 1999 im Kosovo* stattfand, und insbesondere Vertriebene, die Angehörigen Vermisster und die Opfer von in Kriegszeiten verübter sexueller Gewalt versuchen noch immer, ihr Leben wiederaufzubauen, die Wahrheit über ihnen nahestehende Menschen herauszufinden und Zugang zur Justiz zu erhalten. Die derzeitigen politischen Überlegungen stellen die Bedürfnisse der Opfer nicht ausreichend in den Mittelpunkt und vermitteln ihnen ein Gefühl des Verlassenseins und der Hoffnungslosigkeit. Ein Paradigmenwechsel ist nötig, um die Opfer in das Zentrum des politischen Dialogs zu rücken und ihren Menschenrechten den Vorrang einzuräumen“, erklärte heute der Menschenrechtskommissar des Europarates, Nils Muižnieks, am Ende eines viertägigen Besuchs im Kosovo.
Der Kommissar ist besorgt, dass im Kosovo über 15 Jahre nach dem Konflikt etwa 16 500 Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen weiterhin als Binnenvertriebene gelten und etwa 20 000 Menschen, die vom Kosovo nach Serbien vertrieben wurden, noch nicht zurückkehren konnten, obwohl sie dies möchten. Etwa 470 Vertriebene sind in 29 über den gesamten Kosovo verteilten Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Dazu zählt auch die Unterkunft „Samacki Dom“ in Nordmitrovica, die der Kommissar besuchte. Muižnieks ist tief beunruhigt über die schlechten Wohnverhältnisse, unter denen die 50 Vertriebenen – darunter Kinder – leben, die seit vielen Jahren dort untergebracht sind. „Niemand sollte in Europa heutzutage unter solchen Bedingungen leben. Diese und andere Gemeinschaftsunterkünfte müssen dringend geschlossen und dauerhafte Lösungen gefunden werden. Darüber hinaus sollten geeignete und sichere Verhältnisse geschaffen werden, um die dauerhafte Rückkehr und Integration Vertriebener zu ermöglichen.“
* In diesem Text ist jeglicher Bezug auf das Kosovo, ob im Hinblick auf Hoheitsgebiet, Institutionen oder Bevölkerung, gemäß der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und unbeschadet des Status des Kosovos zu verstehen.