Der Beirat der europäischen Richterinnen und Richter (CCJE) formuliert in einer neuen Stellungnahme Empfehlungen an die Richterinnen und Richter in Europa, die sich darauf beziehen, wie sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung inner- und außerhalb der Gerichtshöfe (auch in den Medien und Sozialen Medien) ausüben können.
In der Stellungnahme wird festgehalten, dass Richterinnen und Richter das Recht auf freie Meinungsäußerung so wie jede andere Person genießen. Gleichwohl obliegt es ihnen, bei der Ausübung dieses Rechts ihre besondere Verantwortung und Verpflichtung in der Gesellschaft zu bedenken, neben den Verpflichtungen des Berufsgeheimnisses im Zusammenhang mit ihrer richterlichen Rolle. Dem CCJE zufolge müssen Richterinnen und Richter bei der Äußerung ihrer Standpunkte und Meinungen Zurückhaltung üben, falls dies ihrer Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und der Würde ihres Amtes abträglich sein und die Autorität der Justiz gefährden könnte.
Der CCJE unterstreicht, dass alle Richterinnen und Richter im Fall der Bedrohung von Demokratie, Gewaltenteilung oder Rechtsstaatlichkeit die Pflicht haben, sich zu äußern, um die Unabhängigkeit der Justiz und die Verfassungsordnung zu verteidigen – auch in Bezug auf politisch heikle Fragen. Ebenso können sie Gefahren für die Unabhängigkeit der Justiz auf internationaler Ebene ansprechen. Äußern sich Richterinnen und Richter im Namen eines Justizrats oder einer Richterinnen- und Richtervereinigung, müssen sie verstärkten Schutz genießen. In der Stellungnahme wird zudem betont, dass die einzelnen Richterinnen und Richter ebenso wie die Justizräte und Standesvereinigungen die ethische Pflicht haben, die Öffentlichkeit über das Justizsystem, die Funktionsweise der Justiz und ihre Werte aufzuklären, um das öffentliche Vertrauen in die Tätigkeit der Justiz zu fördern und zu erhalten.
Die Stellungnahme wird dem Ministerkomitee übermittelt, das dafür zuständig ist, ihre Verbreitung sicherzustellen und ihre Umsetzung in allen Mitgliedsstaaten zu fördern.