Eine von der Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht in Europa (OHTE) organisierte Konferenz zum Thema „Geschichte in der Krise?“ wird am 5. Dezember 2024 mit Reden mehrerer hochrangiger Gäste eröffnet, darunter die Bildungsminister bzw. -ministerinnen von Luxemburg, Montenegro und der Slowakei sowie die stellvertretenden Bildungsminister von Armenien und der Ukraine. Zu der zweitägigen Veranstaltung in Straßburg kommen führende Fachleute aus Pädagogik, Geschichtswissenschaft, Politik und Jugendbetreuung zusammen, um zu erörtern, wie der Geschichtsunterricht zur Überwindung zeitgenössischer Krisen beitragen und angesichts zunehmender politischer Spannungen und der Verzerrung historischer Fakten gleichzeitig seine Integrität gewährleisten kann.
Die mehr als 500 Teilnehmenden werden unter dem Motto „Geschichte in der Krise?“ untersuchen, welche Rolle der Geschichtsunterricht bei der Bewältigung der Herausforderungen spielen kann, mit denen europäische Gesellschaften derzeit konfrontiert sind. Die Hauptsitzungen werden sich mit dem Missbrauch der Geschichte im politischen Diskurs, den Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung einer faktenbasierten Geschichte in den Klassenzimmern und der Rolle der Bildung bei der Wahrung demokratischer Grundsätze befassen. Die Veranstaltung erinnert nachdrücklich daran, dass der Europarat nach wie vor eine aktive Rolle im Kampf gegen Hassrede und Desinformation spielt, insbesondere im Zusammenhang mit der Instrumentalisierung der Geschichte.
„Durch den Geschichtsunterricht wird nicht nur unser kritischer Geist und unser Verständnis von nationaler Identität entwickelt. Er vermittelt jungen Menschen auch die grundlegenden Fähigkeiten, um sich in einer unsicheren und sich ständig wandelnden Welt zu entfalten. Unsere Vergangenheit zu verstehen, bedeutet, die Gegenwart zu erhellen, unsere Identität zu stärken und die Zukunft aktiv vorzubereiten“, erklärte Bildungsminister Claude Meisch im Namen des luxemburgischen Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarates.
„Der Europarat hat stets die Bedeutung des Geschichtsunterrichts als Mittel zur Stärkung der demokratischen Kultur hervorgehoben. Dies geht eindeutig aus dem Europäischen Kulturabkommen hervor, das von allen unseren 46 Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde und dessen 70. Jahrestag wir dieses Jahr begehen. Auf dem Gipfeltreffen im vergangenen Jahr in Reykjavík haben die Staats- und Regierungschefs es kürzlich erneut bekräftigt, als sie sich dazu verpflichteten, der Verbreitung von Falschinformationen und der heute so offensichtlichen Instrumentalisierung der Geschichte Einhalt zu gebieten“, so der Stellvertretende Generalsekretär des Europarates, Bjørn Berge, mit Bezug auf die Erklärung von Reykjavík aus dem Jahr 2023 („Vereint um unsere Werte“).
In einem Kontext, der von einer Zunahme von Populismus, Nationalismus und weltweiter Desinformation geprägt ist, unterstreicht die Konferenz der Beobachtungsstelle die Bedeutung des Geschichtsstudiums und -unterrichts als unverzichtbare Instrumente zum Verständnis und zur Bewältigung von Krisen wie Wirtschaftsabschwüngen, Pandemien und geopolitischen Spannungen. Zu den Höhepunkten der Konferenz zählt die Plenarsitzung zum Thema „Die Ukraine in Europa: Eine Lücke in den historischen Erzählungen“, an welcher der stellvertretende ukrainische Bildungs- und Wissenschaftsminister sowie die renommierten Historiker Jaroslaw Hryzak und Serhij Plochij teilnehmen werden.
Die Bedeutung der Geschichte und des Geschichtsunterrichts für den Aufbau eines friedlichen Europas wurde vom Europarat bereits in den ersten Jahren seiner Tätigkeit anerkannt, wie im Europäischen Kulturabkommen festgehalten ist. Die Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht in Europa stützt sich auf die jahrzehntelange Erfahrung der Organisation im Bereich des Geschichtsunterrichts und zeichnet durch ihre thematischen und periodischen Berichte ein klares Bild vom Stand des Geschichtsunterrichts in Europa. Der Austausch auf der Konferenz beruht auf den ersten beiden thematischen Berichten der Beobachtungsstelle zu „Pandemien und Naturkatastrophen“ (2022) und „Wirtschaftskrisen“ (Veröffentlichung voraussichtlich 2025) sowie auf dem ersten „Allgemeinen Bericht der Beobachtungsstelle für den Geschichtsunterricht in Europa über den Stand des Geschichtsunterrichts in Europa“ (2023).
Die Jahreskonferenz wird vom Europarat mit finanzieller Unterstützung Frankreichs und Andorras und in Zusammenarbeit mit der Stadt Straßburg, der Region Grand-Est, der Europäischen Gebietskörperschaft Elsass und der französischen Regierung organisiert.
Pressemitteilung
Videovorschau auf die Konferenz [EN]
*Mitgliedsstaaten der Beobachtungsstelle (17): Albanien, Andorra, Armenien, Frankreich, Georgien, Griechenland, Irland, Luxemburg, Malta, Nordmazedonien, Portugal, Serbien, Slowenien, Spanien, Türkei, Ukraine, Zypern. Beobachterstaaten (3): Republik Moldau, Montenegro, Slowakische Republik.