Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat ihre tiefe Besorgnis über die „unverhältnismäßig harte Behandlung“ von Julian Assange zum Ausdruck gebracht und erklärt, das diese einen „gefährlichen Abschreckungseffekt“ ausübe, der den Schutz von Journalistinnen und Journalisten sowie Whistleblowern auf der ganzen Welt untergrabe.
Bei der Verabschiedung einer Entschließung, die auf einem Bericht von Thórhildur Sunna Ævarsdóttir (Island, SOC) beruht, erklärte die Versammlung, die Behandlung Assanges rechtfertige seine Einstufung als „politischer Häftling“ gemäß der 2012 vereinbarten Definition. Sie verwies dabei auf die schweren Anschuldigungen, die von den Vereinigten Staaten von Amerika gegen ihn erhoben wurden und die ihn – in Verbindung mit seiner Verurteilung nach dem US-Spionagegesetz – dem Risiko einer lebenslangen Haftstrafe aussetzen, „wegen etwas, das im Wesentlichen aus der Sammlung und Veröffentlichung von Informationen bestand“.
Die Versammlung – in der Abgeordnete aus den 46 Mitgliedsstaaten des Europarates vertreten sind – forderte zudem die USA auf, die von Assange und Wikileaks aufgedeckten mutmaßlichen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Das Versäumnis, dies zu tun, in Verbindung mit der harten Behandlung Assanges und Chelsea Mannings, erwecke den Eindruck, dass die US-Regierung mit der Verfolgung von Assange eher das Ziel verfolgt, „das Fehlverhalten staatlicher Akteure zu verbergen, als die nationale Sicherheit zu schützen“.
Die Versammlung rief die USA, einen Beobachterstaat des Europarates, auch auf, das Spionagegesetz von 1917 „dringend zu reformieren“, um seine Anwendung auf Verlegerinnen und Verleger, Journalistinnen und Journalisten und Whistleblower auszuschließen, die Verschlusssachen in der Absicht veröffentlichen, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und auf schwere Verbrechen aufmerksam zu machen.
Die Behörden des Vereinigten Königreichs hätten es ihrerseits versäumt, Assanges Recht auf freie Meinungsäußerung und sein Recht auf Freiheit wirksam zu schützen, „indem sie ihn trotz des politischen Charakters der schwersten Anschuldigungen gegen ihn einer langen Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis aussetzten“, erklärten die Abgeordneten. Seine Inhaftierung habe die für eine Auslieferung akzeptable Dauer bei Weitem überschritten, so die Versammlung.
Die Versammlung debattierte den Fall Assange nach seiner gestrigen Aussage in einer Anhörung des Ausschusses für Rechtsfragen und Menschenrechte, seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit seiner Entlassung aus der Haft im Vereinigten Königreich vor vier Monaten. Assange blieb nach der Anhörung zusammen mit seiner Frau Stella in Straßburg, um die heutige Plenardebatte von der Besuchertribüne aus zu verfolgen.