Zurück Polen muss klare und wirksame Verfahren einführen, damit Frauen Zugang zu legaler Abtreibung haben

Polen muss klare und wirksame Verfahren einführen, damit Frauen Zugang zu legaler Abtreibung haben

Das Ministerkomitee des 47 Mitgliedstaaten zählenden Europarates hat eine Interimsentschließung (*) verabschiedet, in der es Polen auffordert, klare und wirksame Verfahren einzuführen, damit Frauen Zugang zu legaler Abtreibung haben. Diese Verfahren sollen sicherstellen, dass die Kliniken Schwangeren, die legal abtreiben möchten, keine unnötigen Vorbedingungen auferlegen, und auch die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Abtreibung aus Gewissensgründen verweigert wird. Die Behörden sollten zudem gewährleisten, dass die Frauen angemessen über diese Verfahren informiert werden.

Die Interimsentschließung befasst sich mit der Umsetzung dreier Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR) durch Polen. Gegenstand dieser Urteile ist die legale Abtreibung (P. und S., Tysiąc sowie R. R. gegen Polen), die noch vor der Einschränkung der polnischen Gesetze zu legaler Abtreibung infolge eines Urteils des Verfassungsgerichts vom 22. Oktober 2020 erlassen wurden. Gemäß der Entschließung müssen die polnischen Behörden dringend gewährleisten, dass legale Abtreibung und Pränataluntersuchungen im ganzen Land ohne erhebliche regionale Ungleichheiten tatsächlich zur Verfügung stehen. Außerdem müssen die Behörden sicherstellen, dass es zu keiner Verzögerung beim Zugang zu legaler Abtreibung und Pränataluntersuchungen kommt, wenn sie unter Berufung auf die Gewissensklausel oder auf coronabedingte Einschränkungen verweigert werden.

Das Ministerkomitee ruft die Behörden zudem eindringlich auf, die nötige Reform des Einspruchsverfahrens umgehend zu verabschieden, die Kliniken gesetzlich zu verpflichten, die Frauen an alternative Gesundheitseinrichtungen zu überweisen, falls eine medizinische Dienstleistung aus Gewissensgründen verweigert wird, und die praktische Einhaltung dieser Verpflichtung wirksam zu kontrollieren. Die polnischen Behörden müssen der Interimsentschließung zufolge überdies gewährleisten, dass die Vertragsverpflichtungen effektiv kontrolliert werden und die Vertragshaftung wirksam ist, falls eine legale Abtreibung oder eine Pränataluntersuchung, zu denen die Klinik vertraglich verpflichtet ist, nicht durchgeführt werden, etwa aus Gewissensgründen, und dass auf jeden Verstoß gegen eine Vertragsverpflichtung angemessen reagiert wird.

Das Ministerkomitee fordert die Behörden in der Entschließung außerdem auf, ihre Einschätzung der Auswirkungen des Urteils des Verfassungsgerichts vom 22. Oktober 2020 auf die Verfügbarkeit von Pränataluntersuchungen zu übermitteln, besonders da diese Untersuchungen nicht unbedingt mit dem Zugang zu legaler Abtreibung verbunden sind, sondern während der Schwangerschaft auch fundierte Entscheidungen im Hinblick auf die pränatale Behandlung und die Geburtsvorbereitung ermöglichen. Die Behörden müssen sicherstellen, dass diese Untersuchungen ohne Einschränkung verfügbar sind.

Das Ministerkomitee setzt sich aus den Außenministerinnen und -ministern der Mitgliedsstaaten zusammen und ist dafür zuständig, die Umsetzung der Urteile und Entscheidungen des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs kontinuierlich zu überwachen. Die Fälle bleiben Gegenstand der Kontrolle des Ministerkomitees, bis die erforderlichen Maßnahmen getroffen wurden und eine endgültige Entschließung die Überwachung abschließt. Das Ministerkomitee wird die Untersuchung dieser Fallgruppe im Dezember 2021 fortsetzen.


 Weitere Informationen [EN]


 Pressemitteilung 
Ministerkomitee: Polen muss klare und wirksame Verfahren einführen, damit Frauen Zugang zu legaler Abtreibung haben [EN]

(*) Eine Interimsentschließung ist eine Entscheidung, die vom Ministerkomitee mit dem Ziel verabschiedet wird, komplexere Situationen zu bewältigen, die eine besondere Aufmerksamkeit erfordern.

Ministerkomitee Strassburg 12. März 2021
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