Die Expertengruppe des Europarates gegen Menschenhandel (GRETA) hat heute einen Bericht über Polen veröffentlicht. Darin bewertet sie die Entwicklungen in dem Land, die seit der Veröffentlichung des ersten Evaluierungsberichts der GRETA im Mai 2013 im Hinblick auf die Umsetzung der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels festzustellen sind.
Fortschritte beobachten die Experten beim Rechtsrahmen zur Bekämpfung von Menschenhandel, bei der einschlägigen Schulung einer größeren Zahl von Berufsgruppen und bei der Bewusstseinsbildung. Die GRETA begrüßt die Schaffung regionaler Teams gegen Menschenhandel, zu denen Vertreter der Behörden und der Zivilgesellschaft gehören, sowie die Einrichtung von Anlaufstellen bei den Polizei- und den Grenzschutzbehörden sowie bei der Staatsanwaltschaft, die sich speziell mit der Bekämpfung von Menschenhandel beschäftigen. Verbesserungen sind beim Schutz der Opferrechte zu verzeichnen, darunter die Verabschiedung von Leitlinien und Kennzahlen, mithilfe derer Menschenhandelsopfer unter Asylsuchenden und Migranten in irregulärer Situation besser erkannt werden sollen.
Gleichwohl besteht in einigen Bereichen Verbesserungsbedarf. Die Zahl der Menschen, die zum Zwecke der Zwangsarbeit nach Polen gebracht wurden, ist dem Bericht zufolge im Laufe der Jahre gestiegen. Die GRETA ruft die polnischen Behörden auf, die geltenden Bestimmungen für die Beschäftigung Drittstaatsangehöriger zu überarbeiten, um Ausbeutung zu verhindern, und die Kontrollen in besonders für Menschenhandel anfälligen Sektoren zu erhöhen. Die Behörden sollten Menschenhandelsopfer gezielt identifizieren, auch in Flüchtlingszentren.
Der GRETA zufolge sollten die polnischen Behörden dringende Maßnahmen ergreifen, um minderjährige Menschenhandelsopfer wirksamer zu erkennen und zu unterstützen, etwa indem sie sichere Unterkünfte bereitstellen und dem Problem des Verschwindens unbegleiteter Kinder entgegentreten.
Die GRETA ist besorgt über die geringe Zahl von Verurteilungen aufgrund von Menschenhandel. Die polnischen Behörden müssen laut der Expertengruppe gewährleisten, dass Menschenhandel auch als solcher verfolgt wird und dass diese Straftat wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen nach sich zieht. In diesem Zusammenhang sollten die Behörden bestehende Gesetze und Gerichtsurteile, die sich mit Zwangsarbeit befassen, überprüfen und die Definition von Zwangsarbeit erweitern, damit auch mit der Menschenwürde unvereinbare Arbeitsbedingungen eingeschlossen sind.
Ungeachtet der rechtlichen Entwicklungen im Bereich der Entschädigungen (und der getroffenen Maßnahmen zur Information der Opfer über ihr Recht auf Entschädigung) bleibt die Zahl der Entschädigungen, die Menschenhandelsopfern zugesprochen wurden, gering. Die GRETA ruft die polnischen Behörden mit Nachdruck auf, den Opfern von Menschenhandel den Zugang zu Entschädigung zu erleichtern und zu garantieren.
Ein weiterer Anlass zur Sorge ist der mangelnde Fortschritt beim Aufbau eines einheitlichen Systems zur Erhebung von Daten über Menschenhandel in Polen. Dies behindert eine umfassende Beurteilung der Lage.
Hintergrund
Die GRETA ist eine multidisziplinäre Gruppe aus 15 unabhängigen Expertinnen und Experten, die auf der Grundlage der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels eingerichtet wurde. Das Mandat der GRETA lautet, die Einhaltung dieses Vertrags durch die 47 Staaten, die ihn bisher ratifizierten, zu überwachen.