Der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland, hat heute ein Schreiben an die Vorsitzenden der Staatsduma und des Föderationsrats der Russischen Föderation gesandt, in dem er seine tiefe Besorgnis über die Gesetzgebung äußert, welche, wenn sie verabschiedet wird, häusliche Gewalt in Russland entkriminalisieren würde.
„Ich rufe Sie dazu auf, alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, um das Recht russischer Familien, frei von Gewalt und Einschüchterung zu leben, zu stärken“, erklärte er.
Der körperliche und seelische Missbrauch von Frauen ist ein sehr ernstes Verbrechen und ein Angriff auf ihre Menschenrechte, so Jagland in dem Schreiben. Durch häusliche Gewalt wird auch Kindern Leid zugefügt, entweder als direkte Opfer oder als Zeugen. „Die Herabstufung, tätlicher Angriffe innerhalb der Familie‘ von einem Straftatbestand zu einer Ordnungswidrigkeit mit schwächeren Sanktionen für die Täter wäre ein deutliches Zeichen für einen Rückschritt in der Russischen Föderation und würde den weltweiten Bemühungen zur Beseitigung von häuslicher Gewalt zuwiderlaufen.“
Er erinnerte daran, dass die Russische Föderation an die Europäische Sozialcharta gebunden ist, die von den Vertragsstaaten fordert, Kinder vor Gewalt zu schützen. Russland ist einer von vier der 47 Mitgliedsstaaten des Europarates, welche die Istanbulkonvention („Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“) weder unterzeichnet noch ratifiziert haben, merkte der Generalsekretär an. Die Konvention stellt alle Formen physischer, sexueller oder psychischer Gewalt innerhalb der Familie und zwischen ehemaligen oder gegenwärtigen Ehe- oder Lebenspartnern unter Strafe.