In einer Fragestunde im Rahmen der Frühjahrssitzung der Parlamentarischen Versammlung hat der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland, heute Fragen der Abgeordneten beantwortet.
Eine der Fragen lautete, was Jagland hinsichtlich der Korruptionsvorwürfe innerhalb der Parlamentarischen Versammlung unternehmen könne. Er antwortete, dass für die Organisation insgesamt bereits ein sehr solides System zur Untersuchung derartiger Vorwürfe in Kraft sei. Dazu gehören auch ein internes und ein externes Prüfverfahren. Jagland fügte hinzu, dass die Versammlung zwar selbst das weitere Vorgehen festlegen müsse, er aber bereits in einem Brief eine unabhängige Untersuchung gefordert habe. Außerdem unterstrich er, dass die Versammlung – als jenes Organ, das den Generalsekretär sowie die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wählt – unbedingt als eine Institution gelten müsse, die „hundertprozentig integer“ handle.
Als er zu den Lehrkräften befragt wurde, die nach dem Putschversuch in der Türkei von ihren Universitäten ausgeschlossen wurden, äußerte der Generalsekretär die Hoffnung, dass die Sonderkommission zur Untersuchung diesbezüglicher Beschwerden ihre Arbeit unverzüglich aufnimmt. Er betonte, dass sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht direkt mit diesen Fällen befassen könne und die Beschwerdeführer zuerst innerstaatliche Rechtsbehelfe ergreifen müssen. Sollte die Kommission indes nicht unabhängig arbeiten, könne der Gerichtshof einschreiten. In diesem Zusammenhang erklärte der Generalsekretär, dass auch jene, die in Verbindung mit dem Putschversuch verhaftet und inhaftiert wurden, zuerst den innerstaatlichen Rechtsweg beschreiten und den Europäischen Gerichtshof als letztes Mittel anrufen sollten, wenn alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe keinen Erfolg bewirken.
Bezug nehmend auf die Überwachung der Menschenrechte auf der Krim betonte Jagland, dass diese Frage für ihn oberste Priorität habe und es beim Schutz der Menschenrechte in Europa keinesfalls Grauzonen geben dürfe. Insbesondere nannte er „besorgniserregende Berichte“ über die Bedingungen für Inhaftierte auf der Krim. Seiner Ansicht nach sollte die Organisation darauf bestehen, das Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) auf die Krim zu entsenden, um die dortigen Haftbedingungen zu untersuchen.
Hinsichtlich der Lage in Ungarn erklärte der Generalsekretär, dass er vor Kurzem den ungarischen Justizminister getroffen und eine Reihe von Fragen erörtert habe, besonders im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit, den Gesetzesentwurf über die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen und Hafteinrichtungen für Migranten und Flüchtlinge.
Auf eine Frage zum Menschenhandel über das Mittelmeer antwortete Jagland, dass der Europarat über keine Befugnisse im Hinblick auf die Grenzen der Nationalstaaten verfüge, gleichwohl aber über das Mandat, die humane Behandlung und die Sicherheit von Migranten und Flüchtlingen sicherzustellen, die in Europa angekommen sind. Dies betreffe insbesondere unbegleitete Minderjährige, für die das größte Risiko der Ausbeutung durch Menschenhändler und andere Personen besteht.
In Bezug auf eine Frage zur Behandlung von LGBT-Personen in Tschetschenien erklärte Jagland, dass die Organisation keine Diskriminierung oder Gewalt gegenüber diesen Menschen dulde. Er verwies auf seinen jüngst veröffentlichten Jahresbericht, in dem Populismus als große Gefahr gesehen wird, unter anderem aufgrund minderheitenfeindlicher Maßnahmen, durch die oftmals von anderen Fragen abgelenkt werden soll. Er bezeichnete Angriffe auf LGBT-Personen als Populismus der schlimmsten Art.