Die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatović, fordert in einem heute veröffentlichten Bericht die türkischen Behörden auf, die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen und Menschenrechtsaktivist/inn/en, Anwältinnen und Anwälte sowie Journalist/inn/en nicht länger zur Zielscheibe und durch Verwaltungs- und Strafverfahren mundtot zu machen. Grundlage des Berichts ist der Besuch der Kommissarin in der Türkei im Juli 2019.
Mijatović zufolge wirken sich die Maßnahmen, welche die Behörden nach der Erklärung des Ausnahmezustands ergriffen haben, äußerst negativ auf die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz aus und gefährden die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte in der Türkei. Zahlreiche langjährige Probleme, etwa die missbräuchliche Verhängung von Untersuchungshaft, verschärften sich in Kombination mit neuen Missständen. Die Kommissarin ist sehr besorgt über das beispiellose Ausmaß der Missachtung grundlegender Rechtsgrundsätze (etwa der Unschuldsvermutung, des Schuldprinzips, des Rückwirkungsverbot und des Verbots der Doppelbestrafung) durch die türkische Justiz, insbesondere in Fällen mit Terrorismusbezug. Gleichzeitig seien Verfahrensgarantien wie das Recht auf ein kontradiktorisches Verfahren, der Grundsatz der Waffengleichheit und das Recht auf einen Rechtsanwalt während des Ausnahmezustands erheblich und nachhaltig ausgehöhlt worden, wodurch Rechtsunsicherheit und Willkür in einem Ausmaß entstanden, welches das Wesen der Rechtsstaatlichkeit bedroht.