Der Grund für den Gesetzentwurf in der Ukraine zur Einrichtung eines Ethikrats, der das Wahlverfahren (die Ernennung) der Mitglieder des Hohen Justizrats unterstützen soll, ist zu begrüßen, da er vorsieht, die zuvor als dringend bewertete Frage der Integrität und Ethik des Hohen Justizrats zu lösen: So lautet eine der wichtigsten Schlussfolgerungen des von der Venedig-Kommission und der Generaldirektion des Europarates für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit erstellten Dringlichkeitsgutachtens.
Die Einrichtung von Justizräten, die für Ernennungen, Beförderungen und Disziplinarmaßnahmen im Justizwesen zuständig sind, ist ein wichtiger Teil der Unabhängigkeit der Justiz. Eine Justizreform, die nicht die Funktionsweise des Hohen Justizrats und die Integrität seiner Mitglieder betrifft, ist zum Scheitern verurteilt. Die Venedig-Kommission und die Generaldirektion begrüßen den Vorschlag, für einen Zeitraum von sechs Jahren einen Ethikrat einzurichten, der die für die Wahl (Ernennung) der Mitglieder des Hohen Justizrats zuständigen Stellen bei der Beantwortung der Frage unterstützen soll, ob die Personen, die sich um die Mitgliedschaft im Hohen Justizrat bewerben, und die derzeitigen Mitglieder des Hohen Justizrats die Berufsethik- und Integritätsvoraussetzungen erfüllen. Ebenso begrüßt wird, dass die Zusammensetzung des Ethikrats auf den früheren Gutachten der Venedig-Kommission beruht, besonders hinsichtlich der Beteiligung internationaler Fachleute. Allerdings wird empfohlen, die internationale Beteiligung am Ethikrat auf eine einzige Amtszeit von sechs Jahren zu beschränken.
Die Venedig-Kommission und die Generaldirektion bedauern, dass der Gesetzentwurf Nr. 5068 lediglich eine Teilmaßnahme ist und keine umfassende Justizreform vorsieht. Sie sind sich allerdings der Dringlichkeit der Lage bewusst und erkennen an, dass Reformen zur Lösung dieser dringlichen Probleme nötig sind.
In einem weiteren gemeinsamen Dringlichkeitsgutachten, das am 6. Mai veröffentlicht wurde, begrüßen die Venedig-Kommission und die Generaldirektion des Europarates für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit die Wiedereinführung von Freiheitsstrafen in das Strafgesetzbuch für die schwerwiegendsten Formen von Verstößen in Verbindung mit der Offenlegung der Vermögensverhältnisse sowie die Anhebung der Geldstrafen. Allerdings muss die Verschärfung der Sanktionen mit einer Stärkung der Antikorruptionsinstitutionen und -mechanismen einhergehen.
Der Präsident des ukrainischen Parlaments hatte das Gutachten am 12. März 2021 beantragt. Gegenstand ist der Gesetzentwurf vom 27. Januar 2021 zur Änderung einiger Bestimmungen des Gesetzbuchs über Ordnungswidrigkeiten und des Strafgesetzbuchs der Ukraine, welche die Haftung von Amtsträgerinnen und -trägern bei unrichtigen Vermögensangaben betreffen.