Verbale und körperliche Gewalt gegen lokale und regionale Mandatsträgerinnen und -träger ist eine äußerst unangenehme Erfahrung für die Betroffenen und nimmt in ganz Europa zu. Diese Gewalt ist nicht nur traumatisch und schädlich, sie kann sich auch demotivierend auf die gewählten Vertreterinnen und Vertreter auswirken und die Menschen davon abhalten, sich politisch zu engagieren, stellte der Kongress in einer Debatte zu diesem Thema am Donnerstag, den 26. Oktober, fest.
Vincent Jeanbrun, Bürgermeister von Haÿ-les-Roses, einer Stadt südlich von Paris, wird die Nacht des 1. Juli 2023 nie vergessen: Als in ganz Frankreich Unruhen ausbrachen, wurde das Haus, in dem seine Frau und seine Kinder schliefen, von Randalierern mit einem als Rammbock benutzten Auto gerammt. Die Angreifer versuchten, es anzuzünden, während ein Großteil der Stadt geplündert wurde. Der Bürgermeister glaubt, dass der Angriff darauf zurückzuführen ist, dass er sich weigert, Drogenhandel und ordnungswidriges Verhalten zu tolerieren.
Kristoffer Tamsons (R, Schweden, EPP/CCE), im Oktober 2022 Ko-Berichterstatter eines Kongressberichts über die Auswirkungen von Hassrede und Falschmeldungen auf die Arbeitsbedingungen lokaler und regionaler Mandatsträgerinnen und -träger, wies darauf hin, dass diese oftmals „die letzte Verteidigungslinie sind, wenn es um den Schutz von Demokratie und Menschenrechten vor Gewalt geht“, die „zu einem europäischen Problem geworden ist, das uns alle angeht“. In Schweden können auf lokaler und regionaler Ebene gewählte Vertreterinnen und Vertreter eine Schulung absolvieren, um mit möglichen Bedrohungen umzugehen, und diese Bedrohungen werden regelmäßig untersucht und quantifiziert, um ihnen besser begegnen zu können.
Ein ehemaliger niederländischer Vizepräsident des Kongresses musste von Leibwächtern geschützt werden, weil er die lokale Mafia bekämpfte. Im Januar 2019 wurde der Bürgermeister von Danzig, Paweł Adamowicz, bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung von einem bereits wegen Gewalttätigkeit bekannten Einheimischen getötet.
In der Debatte sprachen mehrere Mitglieder des Kongresses über die Drohungen oder Beschimpfungen, denen sie manchmal persönlich ausgesetzt waren; mehrere erklärten, dass diese Phänomene weibliche Kommunalpolitiker häufiger beträfen als männliche, und dass auch gewählte Vertreterinnen und Vertreter, die aus Minderheitengruppen stammen, häufiger als andere betroffen seien.
Pauline Sterrer (L, Österreich, EPP/CCE) erinnerte daran, dass auf einen österreichischen Mandatsträger ein Mordanschlag verübt worden sei und ein Bürgermeister nach Drohungen Selbstmord begangen habe; ein Drittel der Mitglieder des österreichischen Gemeindevertreterverbandes habe bereits Drohungen erhalten, Frauen häufiger als Männer. Infolgedessen „verzichten viele gewählte Vertreterinnen und Vertreter auf eine erneute Kandidatur, und diejenigen, die Opfer von Übergriffen werden, fühlen sich zunehmend isoliert“.
Am Ende der Debatte kam Kongresspräsident Marc Cools (Belgien, ILDG) ebenfalls auf das Thema der Beschimpfungen in der Politik zurück: „Auch wir dürfen nie beleidigend werden und müssen immer daran denken, dass Demokratie bedeutet, andere zu respektieren.“