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Türkei: Strafgesetzentwurf zu „falschen oder irreführenden Informationen“ ist laut Venedig-Kommission Eingriff in Meinungsäußerungsfreiheit

Aufgrund eines Eilantrags des Monitoring-Ausschusses der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) hat die Venedig-Kommission ein Dringlichkeitsgutachten über die Entwürfe zur Änderung des Strafgesetzbuches veröffentlicht, welche die Einführung einer Bestimmung zu „falschen oder irreführenden Informationen“ vorsehen.

Durch die Änderung des türkischen Strafgesetzbuches wird eine neue Bestimmung eingeführt, welche die Verbreitung „falscher oder irreführender Informationen“ unter Strafe stellt. Die Venedig-Kommission stellt fest, dass die Verwirrung um die Bedeutung des Ausdrucks in der Originalfassung und den Übersetzungen besorgniserregend ist, und bekräftigt, dass die Begriffe nicht „ausreichend klar“ sind. Laut dem Gesetzentwurf wären Personen, die wegen der Verbreitung falscher oder irreführender Informationen verurteilt würden, mit einer Freiheitsstrafe von ein bis drei Jahren bedroht und würde die Strafe für Personen, die ihre Identität verbergen oder im Namen einer Organisation handeln, um die Hälfte angehoben. Die geplante Bestimmung würde für jede Person gelten, unabhängig davon, ob sie im Journalismus oder der Politik tätig ist, ob sie einer speziellen Berufsgruppe angehört oder ob es sich um eine Aktivistin oder einen Aktivisten oder eine Einzelperson handelt. Auch Gruppen von Einzelpersonen, Organisationen, Medienunternehmen, Internetplattformen und andere Vermittler wären betroffen.

Die Venedig-Kommission erkennt in dem Dringlichkeitsgutachten an, dass „Informationschaos“ (Fehl-, Desinformation und Malinformation) in der Tat „eine der wichtigen Fragen“ unserer Zeit ist und das ernste Problem der Desinformationskampagnen mit möglichen Auswirkungen auf Wahlergebnisse und somit Regierungen und die verfassungsgemäße Ordnung von Staaten bekämpft werden muss. Gleichzeitig stellt sie fest, dass die geplante Bestimmung „einen Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit darstellt, die durch Artikel 10 der EMRK geschützt wird“. Die Venedig-Kommission erkennt zwar an, dass der Gesetzentwurf ein legitimes Ziel verfolgt, ist jedoch der Ansicht, dass keine dringende gesellschaftliche Notwendigkeit besteht, diese strafrechtliche Bestimmung einzuführen.

Das Dringlichkeitsgutachten wird der Venedig-Kommission bei ihrer 132. Plenarsitzung, die Ende des Monats stattfinden soll, zur Verabschiedung vorgelegt.


 Pressemitteilung
Türkei: Strafgesetzentwurf zu „falschen oder irreführenden Informationen“ ist laut Dringlichkeitsgutachten der Venedig-Kommission Eingriff in Meinungsäußerungsfreiheit (Artikel 10 der EMRK) [EN]

Venedig-Kommission Straßburg Strassburg 10. Oktober 2022
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