Vyerentsov gegen Ukraine  | 2013

Festnahme von Menschenrechtlern während einer Antikorruptionsdemonstration löst Reformen zur Versammlungsfreiheit aus

Das Urteil des Straßburger Gerichtshofs im Fall Vyerentsov gegen Ukraine ist von großer Bedeutung für die Versammlungsfreiheit in der Ukraine...

Erklärung der ukrainischen Protestgruppen „For Peaceful Protest!” und „Institute Republica”, berichtet von Conflicts and Laws - © Foto Україна Молода

Hintergrund

Oleksiy Vyerentsov ist Menschenrechtler und lebt in Lwow. Er wollte auf die Korruption bei den Strafverfolgungsbehörden aufmerksam machen. Im Namen einer örtlichen NRO organisierte er in regelmäßigen Abständen eine Reihe friedlicher Demonstrationen vor dem Gebäude der regionalen Staatsanwaltschaft.

Der Gemeinderat beschwerte sich über die Demonstrationen und die ukrainischen Gerichte verboten diese.

Oleksiy Vyerentsov wurde verhaftet, angeklagt und wegen Verstoßes gegen die Verfahrensvorschriften für das Abhalten einer Demonstration verurteilt – ungeachtet der Tatsache, dass es diese Vorschriften gar nicht gab. Er wurde zu drei Tagen Haft verurteilt.

Urteil des EGMR

Der Straßburger Gerichtshof entschied, Herr Vyerentsov sei ohne Rechtsgrundlage verhaftet und verurteilt worden. Dies habe sein Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt, sei aber gleichzeitig beispielhaft für ein viel größeres Problem. Die Ukraine verfüge über keinerlei Gesetze zum Schutz des Rechts, friedliche Demonstrationen abzuhalten, oder Vorschriften, wie man für diese eine Genehmigung bekommt.

Dies sei eine erhebliche Herausforderung für die Versammlungsfreiheit und erfordere dringend eine Reform.

Dieses Urteil ist ein Präzedenzfall, dass ukrainische Bürger in den nationalen Gerichten und auch in ihrem Schriftverkehr mit Beamten der Exekutive und Polizei anführen können, wenn sie ihr Recht auf friedliche Versammlung wahrnehmen möchten.

Erklärung der ukrainischen Protestgruppen „For Peaceful Protest!” und „Institute Republica”, berichtet von Conflicts and Laws

Nachbereitung

Nach dem Urteil des Straßburger Gerichtshofs wurde die Verurteilung von Herrn Vyerentsov vom Obersten Gerichtshof der Ukraine aufgehoben.

Der Fall führte zu einer Reihe von Reformen, um die Versammlungsfreiheit in der Ukraine zu schützen.

  • Das Urteil des Straßburger Gerichtshofs wurde von den ukrainischen Gerichten in nahezu 500 Fällen zitiert, was zur unmittelbaren Anwendung der Grundsätze des Straßburger Gerichtshofs in vielen Streitfällen um die Versammlungsfreiheit in der Ukraine führte.
  • Laut der ukrainischen Regierung müssen die örtlichen Behörden heute keine Genehmigung mehr für Massenversammlungen ausstellen, sie müssen lediglich den Behörden angekündigt werden.
  • 2017 wurden ein Gesetzesentwurf und entsprechende Vorschriften von den ukrainischen Behörden veröffentlicht, die das Recht auf friedliche Versammlung schützen sollen.

Das Ministerkomitee des Europarats verfolgt weiterhin diese laufenden Reformen.

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