Čaminski gegen „Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien"  | 2011

Reform des Gerichtswesens nach zehnjähriger Verzögerung des Verfahrens

Jede Person hat ein Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist.

Auszug aus Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention

Hintergrund

Aleksandar Caminski wurde von fünf Personen angegriffen und erlitt schwere Verletzungen. Gegen die mutmaßlichen Täter wurde Anklage erhoben. Es dauerte jedoch elf Jahre, bevor man sie vor Gericht stellte, und weitere zwei Jahre wegen eines Berufungsverfahrens. Schließlich wurden drei Männer zu jeweils sechs Monaten Haft verurteilt.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof erklärte, die Frage, ob die Dauer eines Verfahrens akzeptabel sei, hänge von den Umständen des Falles ab, u.a. seiner Komplexität, den Handlungen des Beschwerdeführers und dem Verhalten der Behörden.

Im vorliegenden Fall sei der Sachverhalt jedoch nicht komplex gewesen, und somit seien die Verzögerungen nicht die Schuld des Beschwerdeführers. Die Verzögerungen seien auf die Unfähigkeit des zuständigen Gerichts zurückzuführen, für die Durchführung des Verfahrens Sorge zu tragen.

Unter den gegebenen Umständen sei die Dauer bis zur Durchführung des Verfahrens zweifelsfrei exzessiv gewesen. Dies habe das Recht von Herrn Caminski verletzt, seinen Fall in einer angemessenen Frist zu verhandeln.

Nachbereitung

In Folge dieses und weiterer Fälle führte die Regierung weitreichende Reformen durch, um die Dauer von Gerichtsverfahren signifikant zu verringern. Es wurden Zivil-, Straf-, Arbeitsrechts-, Verwaltungs- und Vollstreckungsverfahren verbessert.

Themes:

Ähnliche Beispiele

Gerechtigkeit für die Familie eines Opfers einer Asbestvergiftung

Hans Moor wurde bei seiner Arbeit in den 1960er und 1970er Jahren Asbest ausgesetzt. Dies verursachte bei ihm eine Krebserkrankung, die 2004 diagnostiziert wurde. Hans Moor verstarb 2005 im Alter von 58 Jahren. Kurz vor seinem Tod verklagte Herr Moor seinen ehemaligen Arbeitgeber auf Schadensersatz, weil er es versäumt hatte, Vorsichtsmaßnahmen gegen die Exposition mit Asbest zu ergreifen....

Read more

Einführung der Prozesskostenhilfe, nachdem eine Frau, die unter häuslicher Gewalt litt, keinen Zugang zum Recht erhielt

Frau Airey wünschte eine Scheidung von ihrem Ehemann, der mutmaßlich ein gewalttätiger Alkoholiker war. Es gab jedoch keine Prozesskostenhilfe und sie konnte sich keinen Anwalt leisten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, das Fehlen einer Prozesskostenhilfe habe Frau Airey effektiv den Zugang zum Recht verwehrt und somit seien ihre Grundrechte verletzt worden. Eine...

Read more

Durchführung von Reformen, nachdem versäumt wurde, einem Nothelfer in Tschernobyl eine Entschädigung zu zahlen

Anatoliy Burdov wurde, als er als Nothelfer nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl arbeitete, Strahlung ausgesetzt. Er hatte Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen, aber die Behörden verweigerten deren Zahlung - selbst dann, als russische Gerichte diese anordneten. Der Straßburger Gerichtshof erklärte, dies sei eine Verletzung von Herrn Burdovs Rechten. In Folge wurden Reformen zur...

Read more