Hintergrund
Im Jahr 2001 brachte eine überregionale Zeitung eine Titelgeschichte über den HIV-Status von Gitana Biriuk, einer jungen Frau, die in einem abgelegenen Dorf auf dem Land lebte. In dem Artikel wurde behauptet, dass die Dorfbevölkerung von Todesangst ergriffen sei.
Laut der Zeitung bestätigte medizinisches Personal in einem örtlichen Krankenhaus Journalisten den HIV-Status von Biriuk.
Biriuk ging wegen eines Verstoßes gegen ihr Recht auf Achtung des Privatlebens gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention gerichtlich gegen die Zeitung vor. Ein Gericht urteilte zu ihren Gunsten. Es stellte fest, dass die Informationen ohne Biriuks Einwilligung eingeholt und veröffentlicht wurden und dass bei dem Artikel kein öffentliches Interesse vorlag, sondern die Absicht lediglich im Absatz von Zeitungen bestand. Das Gericht sprach Biriuk Entschädigung zu. Es erklärte, dass die Zeitung entweder gezielt danach trachtete, sie zu demütigen, oder es bewusst zuließ, dass derart negative Folgen eintreten.
Biriuk war nicht der Ansicht, dass die ihr zugesprochene Entschädigung den ihrem Leben zugefügten Schaden wiedergutmachte. Sie beschloss, Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen.
Gemäß dem damaligen litauischen Gesetz bestanden Obergrenzen für Entschädigungssummen, die in derartigen Fällen gewährt werden konnten. Die Gerichte sprachen Biriuk schließlich lediglich € 2.892 zu – dreimal weniger als sie ursprünglich erhalten sollte –, weil sie nicht beweisen konnte, dass die Zeitung die Information gezielt veröffentlicht hatte, um sie zu erniedrigen.