Jeličić gegen Bosnien-Herzegowina  | 2006

Reformen, nachdem sich Bank weigerte, die Spareinlagen einer Rentnerin auszuzahlen

Dies ist schrecklich. Ich weiß gar nicht, wie ich überhaupt mit ihnen sprechen kann. Ich muss immer Medikamente nehmen. Ich bin hoch verschuldet. Mein Devisenkonto wurde gesperrt, und ich gehe keiner Arbeit mehr nach, ich erhalte keine Rente, und mein Ehemann ist gestorben.

Ruža Jeličić, berichtet von Radio Free Liberty

Hintergrund

Ruža Jeličić war Bürgerin des ehemaligen Staates Jugoslawien. In den 1970er und 1980er Jahren lebte und arbeitete sie in Deutschland, um Geld anzusparen. Sie zahlte ihre Ersparnisse in D-Mark auf ein Bankkonto in ihrem Heimatland ein.

Frau Jeličić kehrte in ihr Land zurück, um von dem Geld zu leben, das sie verdient hatte. Ende der 1980er Jahre erlebte das ehemalige Jugoslawien jedoch eine Finanzkrise. Angesichts des drohenden Zusammenbruchs des Bankensystems wurde ein Gesetz verabschiedet, das Privatpersonen verbat, Geld von Konten abzuheben, die in ausländischen Währungen geführt wurden. Zusammen mit Tausenden anderer Personen verbot man Frau Jeličić, über ihre Ersparnisse zu verfügen.

Laut Frau Jeličić brachte der Verlust ihres Geldes sie in schwere finanzielle Not. Ihr Ehemann starb, und sie arbeitete nicht mehr, aber sie hatte, nachdem ihr Devisenkonto gesperrt worden war, keine Rente.

1998 ordneten die Gerichte an, die Bank müsse Frau Jeličić ihr Geld auszahlen. Die Bank weigerte sich aber, der Anordnung des Gerichtes nachzukommen, und die Behörden weigerten sich, diese durchzusetzen. Das Geld wurde später zu einer öffentlichen Schuld, aber die Behörden weigerten sich, diese zurückzuzahlen.

Urteil des EGMR

Der Straßburger Gerichtshof stellte fest, die nationalen Gerichte von Bosnien-Herzegowina hätten die Auszahlung des Geldes an Frau Jeličić angeordnet – diese hätten sich aber immer noch geweigert zu zahlen. Die Weigerung der Behörden, der Anordnung Folge zu leisten, habe das Recht von Frau Jeličić auf ordnungsgemäße Vollstreckung von Urteilen und ihr Recht auf Eigentum verletzt.

Nachbereitung

Im Juli 2007 erhielt Frau Jeličić ihr gesamtes Guthaben.

Die Behörden von Bosnien-Herzegowina führten eine Reihe von Maßnahmen durch, um Menschen zu helfen, ihre Ersparnisse in ausländischen Währungen zurückzuerhalten, wenn dies von einem nationalen Gericht angeordnet wurde.

Das Gesetz über alte Sparguthaben in ausländischer Währung, das zuvor die Durchsetzung der Gerichtsentscheidungen verhindert hatte, wurde gestrichen. Die Behörden stellten einen Aktionsplan vor, um sicherzustellen, dass alle vorausgegangenen Gerichtsentscheidungen umgesetzt werden und dass die erforderlichen Gelder für die Auszahlungen bereitstehen.

Bis 2012 wurde die Rückzahlung von Sparguthaben in ausländischen Währungen in der Großzahl der Fälle vorgenommen, in denen den Behörden eine Entscheidung eines Gerichts vorgelegt wurde, die eine Rückzahlung anordnete.

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