Centro Europa 7 S.R.L und Di Stefano gegen Italien  | 2009

Neue Vorschriften zum Schutz der Medienvielfalt, nachdem ein Unternehmen an der Berichterstattung gehindert wurde

Ohne Pluralismus kann es keine Demokratie geben. Demokratie lebt von der Meinungsfreiheit. Es ist für die Demokratie unerlässlich, vielfältige politische Programme zuzulassen und zu debattieren, selbst jene, die in Frage stellen, wie ein Staat aktuell organisiert ist, vorausgesetzt dass sie die Demokratie an sich nicht beschädigen.

Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 7. Juni 2012 - © Foto Wikipedia

Hintergrund

Das italienische Fernsehen wurde von einer kleinen Gruppe von Sendern dominiert, die auf nur wenige Eigentümer entfielen. Das Unternehmen Centro Europa 7 wollte neue Sender einrichten. Es erhielt 1999 eine Sendelizenz. Es konnte diese jedoch erst 2009 nutzen, weil die Behörden sich weigerten, Sendefrequenzen zu vergeben. Stattdessen wurden die Frequenzen bestehenden Mediennetzwerken übertragen.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof erklärte, ohne Medienvielfalt gebe es keine Demokratie. Gestatte man einer mächtigen wirtschaftlichen oder politischen Gruppe, das Fernsehen zu dominieren, könne dies die Meinungsfreiheit unterminieren.

Die Weigerung der Behörden, Centro Europa 7 eine Frequenz zuzuweisen, habe das Unternehmen über Jahre an der Berichterstattung gehindert. Dies sei ein Beleg dafür, dass es in Italien keinen ordnungsgemäßen Rahmen für die Garantie der Medienvielfalt gebe.

Nachbereitung

Es wurden neue Gesetze und Vorschriften verabschiedet, um die Medienvielfalt zu schützen. Die Lizenzvergabe obliegt nun einer unabhängigen Regulierungsbehörde, die überarbeitete Vorschriften für die Vergabe von Sendelizenzen, die Eigentumsübertragung und das Verhindern einer Medienkonzentration anwendet.

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