Meltex Ltd und Mesrop Mowsesjan gegen Armenien | 2008

Besseres Lizenzierungsverfahren für Fernsehsender

Das schiere Ausmaß des öffentlichen Protests . . . überzeugte uns davon, dass wir eine Verpflichtung haben, weiterhin als Nachrichtenorganisation tätig zu sein...

Mesrop Mowsesjan, der Gründer von A1, zitiert auf BBC (auf Englisch) © Foto Onnik Krikorjan

Hintergrund

A1+ war einer der führenden unabhängigen Fernsehsender in Armenien, bevor er 2002 plötzlich den Sendebetrieb einstellte.

In den Jahren 2000 und 2001 hatte die Regierung neue Rundfunkvorschriften eingeführt, welche die Schaffung eines neuen Lizenzierungsverfahrens beinhalteten. Dieses verlangte von TV-Unternehmen, sich in einem offenen Wettbewerb um eine Betriebsgenehmigung zu bewerben. Eine neu gegründete Regulierungsbehörde sollte die Bewerbungen bewerten.

Das Mutterunternehmen von A1+, Meltex Ltd, bewarb sich um eine neue Lizenz, verlor jedoch gegen einen Mitbewerber. Infolgedessen stellte A1+ am 25. April 2002 den Sendebetrieb ein.

Meltex bewarb sich sechs weitere Male um Lizenzen ab, verlor allerdings jedes Mal.

Der Gründer von A1+, Mesrop Mowsesjan, wollte Antworten. Er schrieb immer wieder an die Regulierungsbehörde und forderte eine umfassende Erklärung, warum Meltex stetig die Lizenz verweigert wurde. Stattdessen erhielt er Standardantworten, denen er wenig entnehmen konnte.

Meltex ging gerichtlich gegen die Regulierungsbehörde vor. Allerdings wies ein armenisches Gericht die Beschwerde des Unternehmens im Jahr 2004 ab und erklärte, es habe „Gründe“ für die Ablehnung seiner Bewerbungen gegeben.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass Armenien gegen die Meinungsäußerungsfreiheit von Meltex verstoßen hat, weil die Regulierungsbehörde keine Gründe dafür angab, warum sie dem Unternehmen eine Rundfunklizenz verweigerte. Dadurch sei das Lizenzierungsverfahren anfällig für Missbrauch.

Die Entscheidung des Gerichtshofs ist ein Sieg für die Meinungsfreiheit.

Terry Davis, Generalsekretär des Europarates (2004–2009), zitiert in einer Pressemitteilung (auf Englisch) des Europarates © Foto Europarat

Folgemaßnahmen

Armenien änderte im Juni 2010 sein Rundfunkgesetz. Das neue Gesetz sieht vor, dass die Entscheidungen der Regulierungsbehörde „angemessen begründet und mit Belegen untermauert sein sollen".

Es wurde klargestellt, dass das Gesetz im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Fall Meltex ausgelegt werden sollte.

Meltex bewarb sich 2010 erneut um eine Rundfunklizenz, gewann jedoch nicht.

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