Boucke gegen Montenegro  | 2012

Gesetzesreform nachdem ein vom Gericht verordneter Kindesunterhalt dreizehn Jahre lang nicht gezahlt wurde

Der Staat ist verpflichtet, ein Vollstreckungssystem für Gerichtsurteile zu organisieren, das sowohl im Recht als auch in der Praxis wirksam ist.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 21. Februar 2012

Hintergrund

Snežana Boucke hatte eine uneheliche Tochter namens Kristina geboren. Sie hatte eine gerichtliche Anordnung erwirkt, die besagte, dass Kristinas Vater Kindesunterhalt zahlen musste. Dreizehn Jahre später hatten es die Behörden immer noch versäumt, den Vater zur Zahlung des Kindesunterhalts zu veranlassen. Frau Boucke erwirkte eine weitere gerichtliche Anordnung, aber auch diese wurde nicht durchgesetzt.

Snežana und Kristina Boucke trugen ihren Fall dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vor.

Urteil des EGMR

Der Gerichtshof urteilte, die nationalen Behörden seien über erhebliche Zeiträume hinweg vollkommen inaktiv geblieben und hätten es versäumt, ausreichende Maßnahmen zu ergreifen, um die Anordnung durchzusetzen. Dies habe zur Verletzung des Rechts von Snežana und Kristina Boucke geführt, rechtskräftige Entscheidungen ordnungsgemäß durchzusetzen.

Nachbereitung

Die Regierung führte eine Reihe von Reformen durch, um die Durchsetzung von gerichtlichen Anordnungen, vor allem im Hinblick auf Unterhaltszahlungen für Kinder, zu verbessern. In Folge erklärte die Regierung, die durchschnittliche Dauer bis zur Vollstreckung von Entscheidungen zum Kindesunterhalt betrage heute maximal 90 Tage.

Der Kindesunterhalt für Kristina Boucke wurde schließlich direkt vom Gehalt ihres Vaters gepfändet.

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