Šabanović gegen Montenegro |2011

Freispruch für Verurteilten nach Diffamierung im Zusammenhang mit Reaktion auf Behauptungen über kontaminiertes Trinkwasser

Laut dem Artikel enthielten alle aktuellen Wasserquellen verschiedene Bakterien.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Mai 2011

Hintergrund

Als Leiter eines öffentlichen Wasserwerks hielt Zoran Šabanović es für seine Pflicht, auf Behauptungen einer Zeitung, dass das Wasser der örtlichen Wasserversorgung zum Trinken nicht geeignet sei, zu reagieren. Die Behauptungen bezüglich der Kontaminierung beruhten auf einem Bericht, der im Auftrag einer Amtsperson erstellt wurde.

Šabanović berief eine Pressekonferenz ein. Er erklärte der Öffentlichkeit, dass das Wasser zum Trinken geeignet sei, und behauptete, dass die Amtsperson, welche die Studie angefordert hatte, sich dafür einsetzt, die Interessen privater Unternehmen zu fördern. 

Die Amtsperson leitete ein Verfahren wegen Verleumdung gegen Šabanović ein und behauptete, dass seine Aussagen unwahr seien. Šabanović bestritt dies. 

Die montenegrinischen Gerichte befanden Šabanović der Diffamierung für schuldig und verurteilten ihn zu einer dreimonatigen Haftstrafe auf Bewährung. 

Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass Šabanovićs strafrechtliche Verurteilung wegen einer „soliden Klarstellung“ zu einem Thema von großem öffentlichem Interesse – der Unbedenklichkeit von Trinkwasser – gegen sein Recht auf freie Meinungsäußerung verstieß.

Folgemaßnahmen

Im Jahr 2011 änderte Montenegro sein Strafgesetzbuch. Dies schloss eine Entkriminalisierung der Diffamierung ein, im Einklang mit den Empfehlungen des Europarates. 

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs beantragte Šabanović eine Wiederaufnahme seines Falls. Im Jahr 2012 wurde er im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. 

Themes:

Ähnliche Beispiele

Gerechtigkeit für Umweltschützer im „McLibel“-Diffamierungsfall

McDonald’s erhob erfolgreich eine Verleumdungsklage gegen zwei Umweltschützer, Helen Steel und David Morris, die sich zum Zeitpunkt des Prozesses keinen Anwalt leisten konnten. Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass die Weigerung des Vereinigten Königreichs, Steel und Morris Prozesskostenhilfe zu gewähren, einen Verstoß gegen ihre Rechte zur Folge hatte. Das Vereinigte Königreich...

Read more

Exzessives Vorgehen der Polizei gegen Journalisten führt zu Reformen zum Schutz von Pressequellen

Vier belgische Journalisten wurden Ziel der Polizei, die Durchsuchungen und Beschlagnahmen mit dem Ziel durchführten, die Quelle ausfindig zu machen, die Regierungsinformationen preisgegeben hatte. Der Straßburger Gerichtshof entschied, das Vorgehen der Polizei sei ungerechtfertigt und unverhältnismäßig gewesen. Der Fall wirkte sich auf neue Gesetze zur Verbesserung des Schutzes von...

Read more

Entschädigung für Krankenschwester, nachdem sie wegen Whistleblowing entlassen worden war

Brigitte Heinisch war Altenpflegerin. Sie behauptete, die Praktiken in dem Altenheim, in dem sie arbeitete, gefährdeten die Patienten. Nachdem sie ihre Behauptungen öffentlich gemacht hatte, wurde sie entlassen. Die deutschen Gerichte stellten die Rechtmäßigkeit ihrer Entlassung fest; aus diesem Grund wandte sich Frau Heinisch an den EGMR. Ihr Fall wurde wiederaufgenommen und sie erhielt eine...

Read more